Fahrbericht.
Hyundai ix35 Fuel Cell (Brennstoffzelle)
Revolutionär, alltagstauglich – und klimaschonend
Von Petra Grünendahl
Der ix35 Fuel Cell, auch: Hyundai ix35 FCEV (Fuel Cell Electric Vehicle), läuft seit 2013 auf einer eigenen Fertigungslinie im weltgrößten Automobilwerk im koreanischen Ulsan vom Band. Brennstoffzellenfahrzeuge von Hyundai sind seit 2000 als Prototypen in Betrieb, die Technologie hat Hyundai bereits seit 1998 als realistische Alternative zum Verbrennungsmotor im Blick und beständig weiterentwickelt. Seine Entwicklungsarbeiten führte der Automobilhersteller bereits im September 2005 im südkoreanischen Mabuk zusammen, wo seitdem das weltgrößte auf Brennstoffzellentechnologie spezialisierte Forschungszentrum tätig ist, das dem Unternehmen zu einer Spitzenposition in der Ökotechnologie verhalf.
Seit 25 Jahren ist die Hyundai Motor Company mit einem Tochterunternehmen auf dem deutschen Markt vertreten, fast 95 Prozent aller in Europa verkauften Fahrzeuge werden im Europäischen Forschungs-, Entwicklungs- und Designzentrum in Rüsselsheim entworfen, konstruiert und getestet. Die Hyundai Motor Group, zu der seit 1998 auch die Kia Motors Corporation gehört, ist der fünftgrößte Automobilhersteller der Welt.
Fahrzeug und Ausstattung
Motor und Antrieb
Fünf Komponenten gehören zur Antriebseinheit: Brennstoffzellen, Elektromotor und ein Ein-Stufen-Reduktionsgetriebe finden unter der Motorhaube Platz. Die ultraleichten und kompakten Hochleistungsakkus sind in der Bodengruppe unterhalb der Fahrgastzelle, und die beiden Hochdruck-Wasserstofftanks sind zwischen den Hinterrädern eingebaut.
Angetrieben wird der ix35 Fuel Cell von einem 136 PS starken Drehstrom-Asynchron-Elektromotor. Den zum Antrieb des Elektromotors benötigten Strom produziert er über chemische Reaktionen in einer Brennstoffzelle selber. Der hier verbaute Elektromotor ist im Vergleich zum Ioniq Elektro etwas schwächer (136 PS, Systemspannung 300 kW, beim Ioniq Elektro sind es 360 kW), das Fahrzeug dagegen etwas schwerer. Entsprechend ist der ix35 Fuel Cell nicht wirklich spritzig im Antritt. Sein maximales Drehmoment beträgt (ab Motorstart) 300 Newtonmeter, was auch in der Fast-zwei-Tonnen-Klasse ausreichende Leistung bei einem ausreichenden Durchzugsvermögen bietet. Das Aggregat läuft dabei völlig lautlos. Ein Virtual Engine Sound System (VESS) sorgt dafür, dass das Fahrzeug ähnlich einem Fahrzeug mit Verbrennungsmotor für die Umgebung akustisch wahrnehmbar wird, da der Elektromotor selber keinerlei Geräusche emittiert.
Die Kraftübertragung auf den Asphalt übernimmt ein einstufiges Reduktionsgetriebe, da bauartbedingt keine Drehzahlunterschiede zwischen Motor und Rädern ausgeglichen werden müssen. Trotzdem gibt das Getriebe dem Fahrer die Möglichkeit, auf Leistung und Energieverbrauch Einfluss zu nehmen, denn der Drehzahlminderer arbeitet in drei Modi: Während die Einstellung „Normal“ für den regulären Fahrbetrieb vorgesehen ist, dient der „Eco“-Modus der verbrauchsoptimierten Fortbewegung mit reduzierter Leistungsabgabe, die gerade im Stadtverkehr für hohe Antriebseffizienz sorgt.. Maximale Bremsenergierückgewinnung bei Bergab-Fahrten ermöglicht schließlich die „Low“-Position. Gewechselt zwischen den Modi wird durch Vor- oder Zurückbewegen des Wählhebels in der manuellen Schaltebene in Stufe „D“.Das Brennstoffzellenfahrzeug ist eher was für gelassene Fahrer: Für die Beschleunigung aus dem Stand auf 100 km/h braucht es 12,5 Sekunden, bei einer Höchstgeschwindigkeit von 160 km/h wird elektronisch abgeregelt. Im kombinierten Fahrzyklus kommt der Hyundai ix35 Fuel Cell auf einen Verbrauch von 0,95 Kilogramm Wasserstoff je 100 Kilometern: Bei einem Tankvolumen von 5,64 Kilogramm bei 700 bar macht das eine Reichweite von fast 600 Kilometern. Innerorts liegt der Verbrauch mit 0,89 Kilogramm etwas niedriger als die außerorts benötigten 0,99 Kilogramm Wasserstoff (alles Herstellerangaben, ermittelt unter Idealbedingungen auf dem Rollenprüfstand). Der Motor erfüllt die Abgasnorm Euro 6, der CO2-Ausstoß beträgt 0 g pro km, lediglich etwas Wasser tropft hinten raus. Dafür erricht der ix35 Fuel Cell die Effizienzklasse A+. Wasserstoff gewährleistet aber nicht nur den emissionsfreien Fahrbetrieb. Wird zur Gewinnung von H2 (Wasserstoff) regenerative Energie zum Beispiel aus Biomasse, Wind- oder Sonnenkraft eingesetzt, verläuft auch der Produktionsprozess CO2-neutral.
Ein Netz für Wasserstoff-Tankstellen (H2) ist noch im Aufbau. Europaweit existierten Anfang 2016 ganze 96 Tankstellen, in Deutschland müssten es – Stand 13.12.2016 – mindestens 37 Stück sein, wovon aber nicht alle öffentlich zugänglich sind. Weitere sind auf jeden Fall in Planung, allerdings ist der Ausbau wegen der aufwändigen Hochdruck-Tankanlagen sehr teuer. H2-Tankstelleni n Deutschland findet man unter https://www.netinform.net/h2/H2Stations/Default.aspx oder unter https://cleanenergypartnership.de/kundenbereich/h2-tankstellen.Eine entsprechende Tankstelle sollte man schon in erreichbarer Nähe und Zugangsmöglichkeiten (öffentlich/nichtöffentlich) geklärt haben, wenn man über einen Kauf nachdenkt. Die Reichweite ist allerdings – im Gegensatz zu manchem reinen Elektroauto – mehr als alltagstauglich, was das Wasserstoff-Konzept als alternativen Antrieb sehr interessant macht. Zehn Fakten zum Konzept hält Hyundai hier parat.
Fahrwerk, Handling und Sicherheit
Serienmäßig steht der ix35 Fuel Cell auf 17-Zoll-Leichtmetallrädern mit Leichtlaufreifen im Format 225/60. Ordentlich dimensionierte Scheibenbremsen rundum (vorne innenbelüftet) sorgen für die Verzögerung. Eine Besonderheit des Fuel-Cell-Modells (gegenüber dem konventionellen ix35) ist die ausschließlich über ein Fußpedal bediente Feststellbremse.
Crashsicherheit bietet eine selbsttragende Ganzstahl-Sicherheitskarosserie mit formstabiler Fahrgastzelle, definierten Knautschzonen und Seitenaufprallschutz in den Türen. Im Innenraum schützen die Insassen Drei-Punkt-Sicherheitsgurte und Kopfstützen auf allen Sitzplätzen, aktive Kopfstützen vorne, Front- und Seitenairbags vorne, Vorhangairbags für beide Sitzreihen und zwei Isofix-Kindersitzbefestigungen hinten. Der Beifahrerairbag ist deaktivierbar, so dass hier auch Kindersitze gegen die Fahrtrichtung montiert werden können.
Im EuroNCAP erreichte der (konventionelle) Hyundai ix35 im Jahr 2010 fünf Sterne für seine Sicherheit. Das Bewertungssystem berücksichtigt neben Insassen- und Kindersicherheit sowie Fußgängerschutz auch die serienmäßige Sicherheitsausstattung des Fahrzeugs mit Fahrassistenzsystemen. Die Palette der Fahrassistenzsysteme ist zeitgemäß und umfassend: Sie reicht von ABS mit Elektronischer Bremskraftverteilung (EBV), Bremsassistent und Traktionskontrolle (TCS) über eine Elektronische Stabilitätskontrolle (ESC) mit Fahrdynamischem Stabilitätsmanagement (VSM) bis hin zur Berganfahrhilfe (HAC). Serienmäßig an Bord ist neben dem Reifendruckkontrollsystem ((TPMS) ein Reifenreparaturset mit Dichtmittel und Kompressor. Auf ein Ersatz- oder Notrad wurde deshalb verzichtet.
Während für die Unfallverhütung und die Crashvorsorge der Insassen die gleichen Einrichtungen bereitstehen wie in den traditionell angetriebenen ix35-Modellen, sorgen die Platzierung der Komponenten, hochfeste Materialien und zahlreiche Sensoren auch für den sicheren Betrieb der neuartigen Antriebseinheit. Der Entwicklung von druckfesten Wasserstofftanks kommt dabei eine Schlüsselrolle zu: Weil eine Lagerung von H2 bei Umgebungsluft aufgrund der geringen Dichte Anlagen erfordert, die eine Nutzung im Auto unmöglich machen, muss Wasserstoff komprimiert transportiert werden. Der im ix35 Fuel Cell bei 700 bar Druck vorgehaltene Wasserstoff wird daher in zwei insgesamt 144 Liter großen Hochdrucktanks gelagert, die aus einer extrem stabilen Kombination aus Aluminiumlegierungen und Kohlenstoffverbindungen bestehen. „Die Tanks werden bei uns sogar mit Schusswaffen getestet“, erklärte Adriana Cerami von der Produktkommunikation: Sie sind im Falle eines Aufpralls völlig sicher. Sensoren überwachen Tank und Leitungen auf ihre Dichtheit. Ein Temperaturregler mit Überdruckventil überwacht die Temperatur in der Brennstoffzelle und lässt bei einem nicht erklärbaren Temperaturanstieg Wasserstoff ab. Außerdem bläst ein Cold-Shut-Down-System (CSD) bei kalten Temperaturen Wasserdampfrückstände aus dem Antriebssystem, so dass dort nichts zufrieren kann.
Kosten und Wirtschaftlichkeit
Hyundai gibt fünf Jahre Garantie auf den Neuwagen sowie den Lack (bis 100.000 Kilometer) sowie zwölf Jahre auf die Karosserie gegen Durchrostung von innen nach außen (ohne Kilometerbegrenzung). Die fünfjährige Hyundai-Mobilitätsgarantie kann nach jeder Wartung in einer Vertragswerkstatt bis 200.000 Kilometer (ohne Altersbegrenzung) verlängert werden Zum Service muss der ix35 Fuel Cell alle 10.000 Kilometer oder einmal im Jahr. Fünf Jahre gibt es den jährlichen Sicherheits-Check inklusive. Die Versicherungen stufen das Modell in die Typklassen 17 / 19 / 20 (KH / VK / TK) ein.
© Januar 2017 Petra Grünendahl, Auto-Redaktion ISSN 2198-5014 Impressum
Fotos: Petra Grünendahl (10), Hyundai (4)
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