VW Scirocco III 1.4 TSI

Fahrbericht.
Volkswagen Scirocco III 1.4 TSI
Wolfsburg lässt’s krachen
Von Petra Grünendahl

Mit dem neuen Scirocco – es ist der Dritte dieses Namens – bietet Volkswagen nach langer Abstinenz wieder ein Sportcoupé an: 40 Zentimeter länger als der erste, deutlich wertiger und komfortabler. Viel gemeinsam hat der dynamische, eher rundlich gestylte Neue nicht mehr gemeinsam mit den kantigen Ersten. Stämmiger und maskuliner kommt er daher. Und er guckt ein bisschen böse … Gebaut wird der Neue im VW-Werk in Almela, Portugal, wo auch Eos, Sharan und der Seat Alhambra produziert werden. Der neue Scirocco baut – ebenso wie der Eos – auf der Plattform des Golf V auf.

Im März 1974 debütierte der erste Scirocco in Genf – noch vor dem Golf I, auf dem er basierte. Die zweite Generation des Coupés lief von 1981 bis 1992, auch er wurde auf Basis des Golf I entwickelt und gebaut. Nachdem der letzte „Zweier“ vom Band gelaufen war, lief noch bis 1995 der Corrado. Dann war Schluss mit sportlich bei Volkswagen. Bis im August 2006 die Studie „Iroc“ einen ersten Ausblick auf das neue Sportcoupé bot. Weitere zwei Jahre vergingen, bis er 2008 in den Handel kam.

 

Wie gehabt: Der Scirocco ist ein zweitüriger Viersitzer mit Heckklappe. Zu den vorderen Sitzreihen sowie zum Laderaum ist der Zugang problemlos. Den Fondpassagieren hilft heutzutage Easy Entry, was den Einstieg aber nicht unbedingt vereinfacht. Denn der Scirocco ist mit seiner zweiten Sitzreihe definitiv nicht für ältere oder ungelenkigere Herrschaften ausgelegt. Sportlich und maßgeschneidert sind Sportsitze vorne ebenso wie die Sitzschalen mit integrierten Kopfstützen hinten. Beide bieten, straff gepolstert mit ausgeformten Konturen, besten Seitenhalt. Das Platzangebot ist unerwartet großzügig – vorne wie hinten. Für allzu groß Gewachsene ist aber die Fahrt im Fond wegen der früh abfallenden Dachlinie nicht wirklich ein Genuss. Der Laderaum fasst 312 Liter, bei umgeklappten Rücksitzen sind bis zu 1.006 Liter möglich. Die hohe Ladekante und schmale Einladebreite schränken allerdings die Nutzbarkeit etwas ein. Und die breiten C-Säulen sowie die sich nach hinten verjüngenden Fensterflächen schreien förmlich nach der aufpreispflichtigen Einparkhilfe hinten.

Cockpit und Innenraum sind funktional gehalten ohne besonderen sportlichen Anspruch. Das Armaturenbrett stammt vom Eos. Materialqualität und Verarbeitung gehen in Ordnung. Im Großen und Ganzen ist das Armaturenbrett ergonomisch gestaltet, die Fensterheber an der Türverkleidung sitzen vielleicht etwas weit hinten – zumindest für meine bescheidenen 1,70 m Körpergröße.

Zur Serienausstattung gehören beim Scirocco eine funkfernbediente Zentralverriegelung, elektrisch einstellbare und beheizbare Außenspiegel, elektrische Fensterheber, Klimaanlage, getönte Wärmeschutzverglasung sowie 17-Zoll-Leichtmetall-Räder. Sportlenkrad und Handbremshebel sind in Leder gehalten. An aufpreispflichtigen Extras verfügt unser Testwagen über Features wie Aschenbecher und Zigarettenanzünder, ein Audiosystem mit CD-Player, Lederausstattung, Geschwindigkeitsregelanlage, ein ParkPilot-System für hinten und Bi-Xenon-Scheinwerfer mit statischem Kurvenlicht.

 

Drei Motoren in fünf Leistungsstufen zwischen 122 und 210 PS umfasst die Motorenpalette des Sportcoupés. Wir fuhren den mit 160 PS etwas leistungsstärkeren 1,4-Liter-TSI, einen Benzindirekteinsprizter mit Twincharger (statt Turbocharger wie beim schwächeren Modell). Der kräftige Vierzylinder-Vierventiler hat leichtes Spiel mit der Karosserie, die mit nicht einmal 1,3 Tonnen eher als Leichtgewicht in dieser Klasse zu bezeichnen ist. Spontan ist sein Antritt, gut hängt der Motor am Gas. Durchzug und Leistungsentfaltung sind sehr ordentlich. Das maximale Drehmoment von 240 Nm liegt zwischen 1.500 und 4.500 Touren an: Das sind Reserven satt! Dabei läuft der Motor ruhig und vibrationsarm. Sauber und nicht wirklich spürbar schaltet das Siebengang-DSG (Doppelkupplungsgetriebe). Über den Hebelschalter auf dem Mitteltunnel oder über die Paddelsteuerung am Lenkrad lässt sich auch von Hand schalten, was aber dank der gelungenen Getriebeabstufungen eher überflüssig ist.

In puncto Beschleunigung und Höchstgeschwindigkeit nehmen sich die 160-PS-Modelle mit Sechsgang-Schaltgetriebe und Siebengang-DSG nichts: in 8 Sekunden ist der Scirocco auf Tempo 100, seine Spitzengeschwindigkeit erreicht er bei 218 km/h. Der Unterschied der beiden Modelle liegt im Verbrauch: Hier hat das DSG-Modell die Nase vorn. Gute 8 Liter Superbenzin rinnen auf 100 km Stadtverkehr (manuell: 8,7 Liter) durch seine Brennräume, 5,4 Liter sind es außerorts und 6,3 Liter im gemischten Verbrauch (manuell: 6,6 Liter) nach EU-Norm (alles Herstellerangaben, ermittelt unter Idealbedingungen auf dem Rollenprüfstand). Der Motor erfüllt bereits die Abgasnorm EU5, der CO2-Ausstoß beträgt 147 g pro km (manuell geschaltet sind es 154 g/km).

 

Der Fronttriebler glänzt mit sportlicher Agilität und gutem Geradeauslauf. Die sehr direkte Lenkung arbeitet präzise und prädestiniert den kompakten Sportler für kurvige Pisten. Schon das serienmäßige Sportfahrwerk überzeugt mit seinen fahrdynamischen Qualitäten! Sportlich straff ist das Fahrwerk abgestimmt. Es bietet allerdings ausreichend Restkomfort, um nicht nur hartgesottene Sportler anzusprechen. Optional bietet VW die adaptive Fahrwerksregelung DCC an: Die Dämpfereinstellung passen sich dem Fahrstil und Fahrbahnbeschaffenheit an und unterdrücken Karosserie-Neigungen und Aufbaubewegungen.

Sicher und problemlos flitzt der Scirocco über den Asphalt. Minimales Untersteuern kündigt den hoch angesetzten Grenzbereich an. Gierig, aber weitgehend neutral im Fahrverhalten, zirkelt er durch enge Kurven, mit seinen breiten Reifen liegt er satt auf der Piste. Plötzliche Ausweichmanöver meistert er locker und spurtreu. Serienmäßig steht das 160-PS-Modell auf 17-Zöllern mit 225/45er Reifen, die in puncto Traktion und Seitenführung keine Wünsche offen lassen. Überzeugend verzögert die Bremsanlage mit Scheibenbremsen rundum (vorne innenbelüftet).

Die selbsttragende Karosserie verfügt über eine formstabile Sicherheitsfahrgastzelle, Versteifungsprofile in den Türen und Seitenstrukturen sowie Verformungszonen vorn und hinten. Im Innenraum runden Drei-Punkt-Gurte und Kopfstützen auf allen Plätzen, Front- und Seitenairbags vorne, Kopfairbags vorne und hinten sowie Isofix-Kindersitzvorrüstungen hinten das Paket ab. Der Beifahrerairbag kann deaktiviert werden, damit man Kindersitze auch gegen die Fahrtrichtung montieren kann. Im EuroNCAP nach den neuen Bewertungsnormen (seit 2009) erreichte der Scirocco das Maximum von fünf Sternen für seine Sicherheit. Das neue System berücksichtigt neben Insassen- und Kindersicherheit sowie Fußgängerschutz auch die serienmäßige Sicherheitsausstattung des Fahrzeugs mit Fahrassistenzsystemen. An elektronischen Helfern hat VW dem Scirocco ABS mit Bremsassistent, die Traktionskontrolle ASR, ESP mit Gegenlenkunterstützung, eine Elektronische Differenzialsperre (EDS) und eine Motorschleppmomentregelung (MSR) spendiert. Reifendruckkontrolle sowie Diebstahlwarnanlage sind optional verfügbar. Serienmäßig ist ein Tire-Mobility-Set an Bord.

 

Ab 21.950 Euro ist der Scirocco zu haben, in der Basisversion mit 122 PS. Unsere 160-PS-Variante steht mit Preisen ab 23.500 Euro in den Preislisten, mit Siebengang-DSG ab 25.300 Euro. Aufpreis kosten Extras wie Metallic-, Perleffekt- oder Sonderlackierungen, Klimaautomatik, Lederausstattung, das adaptive Fahrwerk DCC sowie eine Auswahl an Audio-, Multimedia- und Navigationssystemen.

Volkswagen gibt zwei Jahre Garantie auf den Neuwagen, drei Jahre auf den Lack sowie zwölf Jahre auf die Karosserie gegen Durchrostung.  Zum Ölwechsel muss der Scirocco nach 30.000 km (oder zwei Jahren), zur Inspektion nach Service-Intervall-Anzeige in Abhängigkeit von Fahrstil und Einsatzbedingungen. Die Versicherungen stufen das Modell in die Typklassen 23 / 20 / 15 (KH / VK / TK) ein.

© Januar 2010
Petra Grünendahl
, Fotos: Volkswagen

Über Petra Grünendahl

Erfahrener Journalist mit einem Gespür für Themen, Geschichten und Bilder, aber auch Inhalte und klare Worte. Mit fachübergreifender Denke, Redaktionsverantwortung und einem Blick für Zielgruppen. Generalist mit Special Interests (Fachjournalist), Kommunikationsexperte, Öffentlichkeitsarbeiter und Netzwerker.
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