Testbericht.
Nissan Primera Traveller 2.0 Ambiente
Weit mehr als ein schöner Lastesel mit viel Laderaum
Von Petra Grünendahl
Von vorne ist der Primera Traveller ganz eindeutig als Nissan Primera zu erkennen: Die heruntergezogenen Motorhaube mit integrierter Kühlergrillverkleidung sieht gut aus, fällt aber auf den Straßen nicht besonders auf. Die elegant geschwungene Heckklappe hinten macht optisch schon etwas mehr her und verleiht dem Primera Traveller einen pfiffigen Anstrich.
Der gut gelungene, elegante Mittelklasse-Kombi wurde im Nissan Design Zentrum bei München für den europäischen Markt entwickelt und kam im Frühjahr 1998 gut ein Jahr nach der Einführung der Primera Limousine als neues Modell in den Handel. Zwei Benzinmotoren (1,6 Liter mit 100 PS und 2 Liter mit 130 PS) und ein 2 Liter-Turbodiesel mit 90 PS stehen für den Life-Style-Kombi zur Auswahl. Außer der Basis-Ausstattung gibt es den Traveller in der sportlichen Ausstattungslinie Motion sowie in den komfortableren Ausstattungslinien Competence und Ambiente. Wir fuhren den Primera Traveller mit 2 Liter-Ottomotor (130 PS) in der Top-Ausstattung Ambiente.
Mit gut 4,52 m Länge ist der Kombi bei gleichem Radstand von 2,60 m fast 19 cm länger als die Limousine. Das kommt vor allem dem Laderaum zugute, denn das Platzangebot im Passagierraum ist ohnehin ausreichend bemessen. Unter der Kofferraumabdeckung verbergen sich die gleichen 450 Liter Kofferraumvolumen wie in der Limousine. Mit dem Entfernen der Kofferraumabdeckung und dem Umklappen der asymetrisch geteilten Rückbank läßt sich der Laderaum auf in dieser Klasse bemerkenswerte 1.650 Liter vergrößern.
Reichlich Platz für die 395 Kilogramm Zuladung, die den fast 1,4 Tonnen schweren Lastesel auf ein zulässiges Gesamtgewicht von maximal 1.790 Kilogramm bringen. Gut nutzbar ist der Laderaum mit der ebenen Ladefläche und der großen Durchladebreite, die kaum durch die Radkästen eingeschränkt wird. Wenn man den verkleideten Laderaumboden herumdreht, wird die Kunststoffwanne zugänglich, die nicht nur den Laderaum um 10 cm erweitert, sondern auch einen hervorragenden Ablageplatz für nasse Klamotten bietet. Verzurrösen ermöglichen das Sichern loser Ladung. Einziger Wermutstropfen: Die relativ hohe Ladekante macht das Einladen von gewichtiger Ladung etwas schwieriger.
Das Cockpit ist Nissan-typisch praktisch und funktionell gestaltet. Jeder Schalter und jede Anzeige ist am richtigen Platz und läßt sich auch während der Fahrt schnell einsehen bzw. blind bedienen. Klimaanlage, elektrische Fensterheber, Zentralverriegelung mit Funkfernbedienung sowie elektrisch einstellbare und beheizbare Außenspiegel gehören nicht erst ab der Top-Ausstattugn zum Serienumfang.
An der Verarbeitungsqualität ist nichts auszusetzen. Die verarbeiteten Materialien im Innenraum wirken wertig und solide, nichts klappert, knarrt oder poltert auf holprigen Wegen.
Die Sitze sind körpergerecht geformt, straff gepolstert und bieten guten Seitenhalt. Der Fahrersitz mit Lendenwirbelstütze ist für den Fahrer auf längeren Touren ein Genuß, aber auch die Passagiere können keineswegs über mangelnde Sitzqualitäten oder unzureichenden Platz klagen. Zentralverriegelung, Servolenkung, Drehzahlmesser, Laderaumwanne und Dachreling gibt es ab der Basis-Ausstattung. Das Gepäckraumtrennetz ist in den gehobeneren Ausstattungen Serie. Bordcomputer, ein lederummanteltes Vier-Speichen-Lenkrad mit Holzeinlage, Holzschaltknauf und die Mittelkonsole mit Holzdekor bleiben der Ambiente-Ausstattung vorbehalten.
Der 2 Liter-Ottomotor mit 130 PS stellt die Topmotorisierung der Traveller-Primeras dar. Zwar nimmt der Motor willig Gas an, jedoch gibt er sich im unteren Drehzahlbereich etwas zu zahm. Erst ab 4.000/min. kommt der viel zu lang übersetzte Kombi zügiger auf Touren. Im höheren Drehzahlbereich ist man recht flott unterwegs – der Traveller schafft Tempo 200 –,erst bei 4.800/min. liegt das Drehmomentmaximum von 173 Nm an. Der durchzugsstärkere 2 Liter-Top Sport-Motor mit 150 PS aus der Limousine ist leider für den Kombi nicht verfügbar. Serienmäßig verfügt der Fronttriebler über ein Fünfgang-Schaltgetriebe, auf Wunsch gibt es auch ein Vier-Stufen-Automatikgetriebe.
In 10,5 Sekunden sprintet der Primera mit Schaltgetriebe von 0 auf Tempo 100 (Automatik: 11,7 Sek.). Mehr oder weniger moderat – je nach Beladung und Gangart, Stadtverkehr, Landstraße oder Autobahn – schluckt der Traveller durchschnittlich 9 bis 10 Liter Superbenzin auf 100 Kilometern, was sich im Vergleich mit seinen Mitbewerbern nicht zu hoch ist.
Die Schaltung flutscht locker und zielgenau durch die fünf Gänge, daß es eine Freude ist. Schaltfreudiges Fahren ist aber angesichts der langen Getriebeübersetzung auch angesagt. Die Lenkung arbeitet präzise und spricht direkt an. Die kräftigen Bremsen (Scheibenbremsen rundum, vorne innenbelüftet) verzögern spurtreu, gut dosierbar und lassen auch nach mehrfachen Vollbremsungen nicht erkennbar nach.
Nicht ganz so sportlich-agil wie die Limousine, aber dennoch dynamisch und fahraktiv im Handling läßt sich der Traveller durch (fast) nichts aus der Ruhe bringen. Gutmütig im Fahrverhalten sind ihm böse Lastwechselreaktionen völlig fremd. Zielgenau läßt er sich auch durch sportliche Fahrer um jede Ecke dirigieren. In zu schnell gefahrenen Kurven schiebt er vielleicht ein wenig nach außen, verhält sich ansonsten aber völlig neutral.
Eher straff denn komfortbetont ist die Federung, was allerdings dem Fahrkomfort auf asphaltierten Straßen keinen Abbruch tut. Dafür liegt der Primera aber dank der sportlich-straffen Federung sicher wie ein Brett auf der Straße, glänzt mit guter Bodenhaftung und wenig Seitenneigung.
Die heutzutge übliche Sicherheitsausstattung ist bereits ab der Basis-Ausstattung im Traveller vollständig vorhanden: vom ABS und der elektronischen Bremskraftverteilung EBD über Drei-Punkt-Sicherheitsgurte und höhenverstellbare Kopfstützen auf allen fünf Sitzen, Front- und Seitenairbags für Fahrer und Beifahrer bis hin zur elektronischen Wegfahrsperre. Darüber sorgt die zielgerichtet verstärkte Karosserie mit computerberechneten Knautschzonen für ein Plus an Sicherheit.
Ab 34.095 Mark ist der Primera Traveller zu haben – mit 1,6 Liter-Motor und Basis-Ausstattung. Das von uns gefahrene Top-Modell liegt als einziges im Grundpreis über 40.000 Mark, nämlich bei 41.395 Mark. Im Vergleich ist der der japanische Mittelklassekombi damit recht günstig zu haben. Zu diesem Preis bietet Nissan neben einer üppigen Serienausstattung zusätzlich drei Jahre Garantie bis zu einer Laufleistung von 100.000 Kilometern, eine Sechs-Jahres-Garantie gegen Durchrostung, eine dreijährige Garantie auf die Lackierung und dazu – gegen Aufpreis – verschiedenste Service- und Mobilitätsgarantien. Die Versicherungseinstufungen für unseren Testwagen liegen allerdings mit Typklasse 18 in der Haftpflicht, 20 in der Vollkasko und 27 in der Teilkasko etwas über den Einstufungen für vergleichbare Kombis deutscher Hersteller.
© Februar 1999 Petra Grünendahl, Fotos: grü / IN*TEAM
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