BMW 328 Touring

Testbericht.
BMW 328i touring
Sportwagen mit Laderaum: Mehr Sport als Laster
Von Petra Grünendahl

Schick sieht er aus, ein richtig flotter Laster von 4,48 m Länge mit gestreckter, 1,41 m hoher – oder vielmehr flacher – Karosserie und abgerundeter Heckklappe. Flott ist er auch: mit seinem 2,8 Liter- Sechszylinder-Motor und 190 PS ist er nicht nur für einen Sprint von 0 auf 100 in 7,3 Sekunden gut, sondern auch für 237 km/h Spitze. Reichlich Platz ist für Passagiere in erster und in zweiter Reihe, nur mit den Laderaumkapazitäten ist es nicht so weit her. Mehr flott und edel als Lasterhaft gibt sich der BMW 328i touring, den wir in Titansilber metalllic-Lackierung ausgiebig testen durften.

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Sportlich ist schon der Einstieg: die anthrazitfarbenen, mit Stoff bezogenen Sportsitze sind höhenverstellbar – oder besser: in sportliche Tiefen absenkbar. Die recht kurz geratene Schenkelauflage lässt sich auf den Vordersitzen verlängern. Es sitzt sich angenehm auf dem gut konturierten Gestühl. Das Platzangebot ist vorne wie hinten reichlich, jedoch sind auch auf den Hinterbänken die Sitzauflagen sehr kurz geraten. Die Stoffbezüge sind strapazierfähig und praktisch. Der Innenraum ist in Schwarz gehalten, mit Interieurleisten in mattchrom gilt das als sportlich.
Elektrische Fensterheber vorne und hinten, den Bordcomputer mit Check Control, aber auch die mechanische Lenkradverstellung hat der 328i touring serienmäßig. Die Klimaanlage ist beim 328i ebenso Grundausstattung, die Klimaautomatik kostet 990 Mark Aufpreis. Eine nette Spielerei ist die getrennt zu öffnende Heckklappenscheibe. Verzurrösen im Kofferraum erleichtern das Sichern der Ladung. In der Ausstattung des 328i enthalten sind auch die Nebelscheinwerfer sowie Schaltknauf und Handbremshebel in Leder.
Die Ausstattung ist vom Feinsten, aber auch entsprechend teuer. Die Sportsitze stehen mit 800 Mark in der Aufpreisliste, ebenso die Sitzhöhenverstellung mit Memory-Funktion für den Beifahrersitz (2.000 Mark), die Sitzheizung für die Vordersitze (610 Mark), Sport-Lederlenkrad mit Multifunktionstasten und Geschwindigkeitsregelung (750 Mark, ein einfaches Lederlenkrad ist Serie), Seitenairbag für die Fondpassagiere (660 Mark), Velour-Fußmatten (200 Mark) und Skisack (240 Mark). Die Isofix-Kindersitzvorrüstung gibt es schon für bescheidene 60 Mark. Das Raucherpaket ist Ausstattungsoption ohne Aufpreis und wegen des Zigarettenanzünders auch für Nichtraucher zu empfehlen. Radio/CD-Spieler mit der Bezeichnung „Business CD“ kosten 1.450 Mark, dazu ein Lautsprechersystem ab 990 Mark (hier harmann/kardon-Lautsprecher für 1.500 Mark) und die Vorbereitung fürs Autotelefon kommt noch einmal 480 Mark.

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Fahrerorientiert ist das Cockpit gestaltet. Alle Schalter und Anzeigen sind gut einzusehen und blind greifbar. Sportlich schick und hochwertig in der Materialauswahl macht der Innenraum insgesamt einen guten Eindruck. Ablagen für den im Auto unverzichtbaren Kleinkram sind reichlich vorhanden: ein nicht gerade üppig dimensioniertes Handschuhfach, große Ablagefächer in den Türen (leider nur vorne, nicht hinten), unter der Klimaanlage in der Mittelkonsole sowie Fächer neben der Handbremse unter der Armauflage zwischen den Vordersitzen. Der Bordcomputer ist schön und gut, aber dass man unter Kilometerstand und Tageskilometerzähler nur eine Anzeige hat, also entweder Uhrzeit oder Außentemperatur oder Reichweite angezeigt kriegt, ist ein bisschen mager. Praktisch ist die in die Rücksitzlehne integrierte Mittelarmlehne: Klappt man sie herunter, hat man ohne die fünft Kopfstütze einen besseren Blick nach hinten. Für die Fondpassagiere bietet die Mittelarmlehne ein Staufach für Kleinkram und Getränkedosenhalter.
Der Fahrer ist im Dreier touring König, und die Passagiere Prinzen, allerdings sollten sie nicht unbedingt königliches Gepäck mit auf Reisen nehmen wollen. Für einen Kombi magere 435 Liter hinter der Rückbank unter der Kofferraumabdeckung, 1345 Liter bis hinter die Vordersitze und bis Dachhöhe – das können andere besser. Der Laderaum ist vollständig mit strapazierfähigem Textil ausgekleidet. In einem Ablagefach unter dem ebenen Laderaumboden kann man kleinere Dinge transportieren, die nicht auf den ersten oder zweiten Blick ins Auge fallen sollen. Bei umgeklappter Rücksitzlehne entsteht eine nahezu topfebene Ladefläche von bis zu 1,80 m Länge, wenn die Frontpassagiere ihre Sitze nicht so weit nach hinten stellen. Mit zurückgelegtem Beifahrersitz wird die Ladefläche – jetzt nicht mehr ganz so glatt – erweitert.
Dank der falsch herum asymmetrisch geteilten Rückbanklehne – auf der Fahrerseite 60 Prozent, auf der Beifahrerseite 40 Prozent – kriegten wir zwar den 2,36 m langen, 60 cm breiten IKEA-Schrank bis zur Cockpitverkleidung in den Laderaum, jedoch nur, nachdem wir auch die linke Rücklehne umgeklappt hatten. Meine Freundin durfte damit nicht mehr mitfahren.
Für die Golf- oder Sporttasche ist der Laderaum ja noch akzeptabel, aber wer mehrere große Koffer einladen will, stößt zwischen den Radkästen – 92 cm Ladebreite – auf Probleme, die Ladung sinnvoll zu verstauen. Im vorderen Teil des Laderaumes ist bei einer Breite von 1,26 m mehr Spiel. Auch die Einladebreite ist dank der geteilten Rückleuchten mit einem knappen Meter ausreichend bemessen. Die Ladekante ist mit 61 cm leicht zu überwinden, die Stufe in den Innenraum kaum der Rede wert. Die Ladekante ist zum Schutz der Karosserie und des Lacks mit Kunststoff überzogen. Damit setzt der Dreier touring natürlich seine Prioritäten: als Lastesel ist er definitiv nicht gedacht …

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Dann schon eher als Sportwagen. Als solcher outet sich besonders der von uns gefahrene 328i: Der 2,8-Liter-Motor mit 193 PS ist allererste Sahne. Sanft schnurrt der kultivierte und laufruhige Sechszylinder im Hintergrund vor sich hin. Seine Stärke ist die Durchzugskraft, die er vor allem auf freien Landstraßen oder Autobahnen ganz souverän ausspielt: ein energischer Tritt auf Gaspedal und der hinterradgetriebene Wagen schießt ab wie eine Rakete: von 0 auf 100 in 7,3 Sekunden, erst bei 237 km/h ist die Spitzengeschwindigkeit erreicht. Das maximale Drehmoment von 280 Newtonmetern liegt bereits bei 3.500/min. an, ab knapp über der Leerlaufdrehzahl liegen bereits mehr als 200 Newtonmeter an – und das bis über 6.000 Touren. Der Geräuschpegel bleibt auch bei flotter Gangart und hoher Drehzahl dezent.
Der Verbrauch ist nicht von schlechten Eltern, vor allem im Stadtverkehr: 13,1 Liter Super-Plus (Herstellerangabe) auf 100 km. Im gemischten Betrieb nach EU-Norm gibt BMW einen Verbrauch von 9,3 Litern / 100 km. Auch Super oder Normalbenzin sind möglich, führen jedoch zu leichten Leistungseinbußen und etwas höherem Verbrauch. Im Test fuhr der touring Super-Benzin und verbrauchte bei recht sportlichem Umgang mit dem Gaspedal 11,1 Liter auf 100 km.
Kurz und schmerzlos glänzt die Fünfgang-Schaltung: Knackig kurze und präzise Schaltwege machen das Führen des Schaltknüppels zur reinen Freude. Die sportlich kurze Getriebeübersetzung vermittelt Spritzigkeit und Elan, die man einem Kombi kaum zutraut. Auch schaltfaules Fahren nimmt der durchzugsstarke Motor nicht krumm. Die feinfühlige Lenkung spricht direkt an. Zielsicher lässt sich der Kombi auch in flottem Tempo über kurvige Strecken dirigieren. Die Bremsen (Scheibenbremsen innenbelüftet rundum) packen kräftig und gut dosierbar zu und bringen den Wagen schnell zum Stehen.

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Die sportlich-harte Federung ist immer noch ausreichend komfortabel und bügelt im Teillastbetrieb kleinere Unebenheiten klaglos glatt. Bei voller Ladung geht es doch ein wenig härter zu. Die straffen Dämpfer verhindern ein Aufschaukeln der Karosserie.
Präzise und direkt arbeitet die Lenkung, die dem immerhin 4,47 m langen, fast 1,6 Tonnen schweren Kombi eine Handlichkeit und Agilität vermitteln lässt, die eher den Sportwagen als den Kombi verrät.
Garant für ein Höchstmaß an Fahrsicherheit, aber auch an Fahrspaß ist das dynamische und sichere Fahrwerk, welches erst in Extremsituationen wirklich aus der Ruhe zu bringen ist. In viel zu schnellen Kurven schiebt der Dreier – untypisch für einen Hecktriebler, aber dafür besser beherrschbar – über die Vorderräder. Aber es braucht eine ganze Menge, um den dynamischen Bayern in den Grenzbereich zu fahren. Dann greifen die Fahrdynamiksysteme wie die Traktionskontrolle ASC+T, die Stabilitätskontrolle DSC (das ist Bayrisch für ESP) sowie die Bremskontrolle CBC, die für Spurtreue bei heftigem Bremsen in den Kurven sorgt. Das Zusammenspiel des durchzugsstarken Motors mit dem sportlich-agilen Fahrwerk sind einfach phantastisch: Fahrspaß und Sicherheit müssen sich nicht ausschließen.

 

Die Sicherheitsausstattung beschränkt sich also nicht auf das übliche Zubehör: funkfernbediente Zentralverriegelung mit Wegfahrsperre, ABS, insgesamt sechs Frontairbags (Front-, Kopf- und Seitenairbag), Servolenkung, Gurtstraffer und Gurtkraftbegrenzer vorne, Kopfstützen und Drei-Punkt-Gurte auf allen fünf Sitzen, Sicherheitslenksäule, verstärkte Karosserie und stabile Fahrgastzelle, Gepäckraumabdeckung mit integriertem Trennnetz sind Serie. Seitenairbags für die Fondpassagiere gibt es gegen Aufpreis (660 Mark). Sicherheitsgarant ist vor allem das narrensichere Fahrwerk mit Stabilitätskontrolle ASC+T sowie Bremskontrolle CBC als Serienausstattung und (aufpreispflichtiger) Stabilitätskontrolle DSC.

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Der 328i touring ist die absolute Versuchung, besonders mit dem großen Sechszylinder-Motor. Dafür ist der Wagen aber auch sündhaft teuer. Ab 49.100 Mark steht der Dreier touring beim Händler mit kleinstem Motor (1,9 Liter mit 118 PS) und in Basisausstattung. Mit 2,8-Liter-Ottomotor kostet der Dreier touring ab 66.000 Mark. Dafür sind der Bordcomputer, die elektrischen Fensterheber vorne und hinten, die Armauflage zwischen den Vordersitzen sowie Nebelscheinwerfer im 328i Serie.
Die Metallic-Lackierung schlägt dann aber noch einmal mit 1.150 Mark zu Buche. Wenn die Außenspiegel nicht nur elektrisch einstellbar, sondern auch elektrisch abklappbar und beheizt sein sollen, kostet das 290 Mark extra. Das DSC ist für 1.500 Mark zu haben. Mit Dachreling und Anhängerkupplung erhöht sich der Preis noch einmal um 460 Mark bzw. 1.300 Mark. Wer will, kann auch Xenon-Licht haben, gegen Aufpreis (1.340 Mark) versteht sich.
Die Aufpreisliste ist lang. Alle Extras unseres Testwagens eingerechnet sind wir schon bei über 80.000 Mark Gesamtpreis für ein fast schon luxuriöses und sehr sportliches Automobil mit allerdings laderaummäßig recht eingeschränktem Nutzwert.
Die Versicherungseinstufungen liegen mit 19 / 22 / 34 (H / VK / TK) im Mittelfeld. Der A4 Avant mit ähnlicher Motorisierung ist günstiger, das T-Modell der C-Klasse wesentlich höher eingestuft.
Ein Jahr Garantie auf den Wagen sowie alle beim BMW-Händler eingebauten Originalteile sowie sechs Jahre gegen Durchrostung gewährt BMW, darüber hinaus gibt es die Mobilitätsgarantie mit der BMW-Service Card.

© Januar 2000 Petra Grünendahl, Fotos: grü / IN*TEAM

Über Petra Grünendahl

Erfahrener Journalist mit einem Gespür für Themen, Geschichten und Bilder, aber auch Inhalte und klare Worte. Mit fachübergreifender Denke, Redaktionsverantwortung und einem Blick für Zielgruppen. Generalist mit Special Interests (Fachjournalist), Kommunikationsexperte, Öffentlichkeitsarbeiter und Netzwerker.
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