Testbericht.
Opel Agila 1.2 16V Comfort
Außen micro, innen geräumig
Von Petra Grünendahl
Auch wenn Microvans asiatischer Hersteller in Deutschland nicht unbekannt sind, so zieht der Opel Agila doch die Blicke auf sich. Ist es der Blitz auf der Motorhaube – der Agila ist der erste Microvan eines europäischen Herstellers – oder ist es bloß die magmarote Farbe, die den kleinen Van richtig pfiffig aussehen lässt? Jedenfalls lockt er interessierte Leute an …
Mit seinen 3,50 m Länge ist er drei Zentimeter kürzer als ein Lupo, hat aber dank seiner 1,70 m Höhe erheblich mehr Laderaum. Zwar hat er nicht ganz den Wiedererkennungswert eines Lupo, sieht aber mit den großen Scheinwerfern einfach knuffig aus. Wir fuhren Opels Microvan mit 1,2-Liter-Motor in Comfort-Ausstattung.
Platz haben acht Personen: vier schwangere Frauen! Aber mal im Ernst: In der Breite ist das Angebot wirklich auf allen vier Sitzen hervorragend, allerdings wird es hinten im Knieraum etwas eng, wenn die Frontpassagiere ihre Sitze etwas weiter zurückschieben. Auch zu groß gewachsen sollte die Passagiere nicht sein, denn die hoch platzierten Sitze sind nicht höhenverstellbar und der Kopfraum lässt trotz hoher Karosserie nicht all zu viel Spiel. Die hohe Sitzposition garantiert dem Fahrer dafür allerdings eine gute Rundumsicht.
Gute 240 Liter Laderaum sind schon Kleinwagenformat, bis zu 1.250 Liter Zuladung sind mit umgeklappten Rücksitzlehnen bis unters Dach möglich, aber leider nur bis 305 kg. Das reicht bei den schwangeren Frauen gerade mal fürs Handgepäck. Beim Umklappen der Rückbanklehnen senkt sich der Sitz nach unten ab. Zudem entsteht ein gut nutzbare, ebene Ladefläche von bis zu 1,38 m Tiefe und bis zu einem Meter Breite zwischen den wenig störenden Radkästen. Die Ladekante von 56 cm ist auch mit schweren Gepäck gut zu überwinden. Für Leute über 1,80 m nicht ganz ungefährlich ist nicht gerade hoch öffnende Heckklappe.
Innenraum und Cockpit sind funktional gestaltet, aber alles andere als innovativ. Die Materialqualität ist befriedigend, an der Verarbeitung nichts auszusetzen. Die Schalter und Anzeigen sind gut sortiert und in Reichweite. Viele Ablagefächer und –flächen erhöhen den Nutzwert für die Passagiere.
Serienmäßig ist der Agila ausgestattet mit Servolenkung, zwei Kopfstützen vorne, Drei-Punkt-Gurten auf allen Sitzen sowie Fahrer- und Beifahrerairbag. Zwei Kopfstützen hinten und ABS stehen in der Basisausstattung immer noch auf der Zuschlagsliste. Seitenairbags gibt es nicht, elektrischen Fensterheber für die hinteren Türen eben so wenig. Ist das der Einfluss von Entwicklungspartner Suzuki, die die zweite Generation des Wagon R+ mit Opel zusammen entwickelt haben? So richtig zeitgemäß ist diese Sicherheitsausstattung bald auch für Kleinstwagen nicht mehr. Die Comfort-Ausstattung umfasst wenigstens ABS und Kopfstützen hinten serienmäßig, die Klimaanlage kostet auch hier Aufpreis.
Die beiden Motoren der Agila-Baureihe – der 1.0 12V und der 1.2 16V – sind aus dem Corsa bekannt. Für den Agila (und den neuen Corsa) sind sie technisch überarbeitet worden, leisten 3 bzw. 10 PS mehr und erfüllen die D4-Abgasnorm. Der 1,2-Liter-Motor mit 75 PS ist für den Agila eine recht ordentliche Motorisierung. Leider ist es auch der Topmotor. Denn voll beladen tut sich auch das 75-PS-Aggregat etwas schwer. Im niedrigeren und leichteren Corsa gefällt der (hier sogar schwächere) 1,2-Liter-Motor entschieden besser, zieht spritziger an und besticht durch seine Laufruhe. Da im Agila zum Motorraum wenig Platz für Geräuschdämmung vorhanden ist, macht sich der Motor nämlich auch akustisch ganz anders bemerkbar.
In 13,5 Sekunden schafft der Agila den Sprint auf Tempo 100 und bringt es auf 155 km/h Spitze. Im Gesamtverbrauch gibt er sich mit 6,5 Litern Superbenzin je 100 km nach EU-Norm zufrieden, im Stadtverkehr sind es 8 Liter (beides Herstellerangaben).
Alles andere als handlich ist trotz seiner ultra-kompakten Abmessungen der Wendekreis. Die manuelle Fünfgang-Schaltung gibt kaum Anlass zur Klage: Präzise lässt sich der Schalthebel führen, nur die Schaltwege könnten etwas kürzer sein. Die Lenkung ist leichgängig und spricht direkt an.
Auf trockener Straße ist der Agila problemlos zu handhaben. Zu schnelle Kurvenfahrten quittiert er mit einem gutmütigen Untersteuern. Schwer fühlt sich das Gefährt bei plötzlichen Spurwechseln an, die Seitenneigung lässt sich dabei gut kontrollieren.
Die Feder-Dämpfer-Abstimmung stellt einen guten Kompromiss dar: Ausreichender Federungskomfort, aber dennoch hart genug, um die hohe Karosserie in Kurven und bei plötzlichen Spurwechseln nicht zu sehr aufschaukeln zu lassen.
Nicht mehr zeitgemäß sind allerdings die Leistungen der Bremsen (Scheibenbremsen vorne, Trommelbremsen hinten): Der Bremsweg ist definitiv zu lang!
Einen Agila gibt es ab 17.500 Mark mit 1-Liter-Motor in der Basisausstattung. Unseren 1,2-Liter-Motor gibt es ab 20.145 Mark, dafür verfügt er aber auch gleich über die Comfort-Ausstattung. Die magmarote Brillantlackierung kostet zusätzliche 215 Mark. Aufpreis kosten in der Comfort-Aussattung zudem Dachreling (250 Mark), Klimaanlage (1.595 Mark), Nebelscheinwerfer (267 Mark) und das Elektro-Paket mit elektrischen Fensterhebern vorne und Zentralverriegelung (975 Mark). Opel gewährt ein Jahr auf das Fahrzeug sowie alle beim Opel-Partner eingebauten Original-Ersatzteile sowie zwölf Jahre auf die Karosserie. Die Wartungsintervalle sind lang: Alle 15.000 km braucht er einem Service, alle 30.000 km eine Inspektion. Bei den ersten Einstufungen in Versicherungsklassen kam der kleine Rüsselsheimer allerdings gar nicht gut weg: 14 / 16 / 25 (KH / VK / TK) sind es für den großen Motor, 12 / 14 / 17 für den Kleinen.
© September 2000 Petra Grünendahl, Fotos: grü / IN*TEAM
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