Fahrbericht.
Opel Corsa C
Erwachsen geworden
Von Petra Grünendahl
Ein erstklassiges Auto, welches zu Recht der Bestseller in seinem Segment ist, noch zu toppen, ist schwierig. Opel ist dies mit dem neuen Corsa dennoch gelungen. Der Rüsselsheimer Kleinwagen setzt in seiner Klasse Maßstäbe für künftige Entwicklungen.
Größer ist er geworden, erwachsener, er ist technisch wie optisch gereift. Von hinten ein bisschen wie der Punto, von vorne sieht man Parallelen zum Peugeot 206 oder dem facegelifteten Ford Fiesta, aber der Corsa ist immer noch unverkennbar ein Corsa. Nicht mehr ganz so unauffällig wie sein Vorgänger, irgendwie dynamischer, aber immer noch dezent gestaltet.
Der Frauenliebling bietet in der neuen Generation mehr als nur ein praktisches und vernünftiges Auto. Das komplett neugestaltete DSA-Fahrwerk bringt nicht nur ein Plus an Sicherheit, sondern auch jede Menge Fahrspaß. Auch die Motorenpalette – vier Benziner und zwei Diesel – hält für jeden Geschmack den richtigen Antrieb parat. Außer der Basisausstattung gibt es vier Ausstattungslinien von brav über komfortable bis hin zu den sportlichen Varianten: Comfort und Elegance sowie Sport und (voraussichtlich ab Februar) GSi.
Größer geworden ist die Karosserie: 3,82 m lang (+ 8 cm), 1,65 m breit (+ 4 cm), 1,44 m hoch (+ 2 cm), mit einem Radstand von 2,49 m (5 cm mehr als der Vorgänger). Von der gewachsenen Karosserie profitieren in erste Linie die Frontpassagiere. Aber auch hinten ist das Platzangebot gut. Nicht zugelegt hat der Laderaum: 260 bis 1.060 Liter Volumen sind aber ok in dieser Klasse. Die Ladekante ist hoch, mit einer tiefen Stufe dahinter. Das ist nicht unbedingt ladefreundlich, dient aber der Crash-Stabilität des Hecks.
Die Rückbanklehne ist immer noch falsch herum geteilt: Opel-typisch ist rechts das schmalere Stück zum Umklappen, was das Durchladen breiter, sperriger Ladung bei gleichzeitigem Transport eines Passagiers, der Tragen hilft, fast unmöglich macht. Aber schließlich muss es auch für die nächste Corsa-Generation noch etwas zu verbessern geben …
Das Cockpit ist aufgeräumt und nicht mit Funktionen überfrachtet. Schalter und Anzeigen sind gut einzusehen und zu erreichen. Die Fensterheber sind jedoch ergonomisch ungünstig platziert: Gut zu erreichen sind sie nur für große Leute, die den Sitz weit zurückschieben.
Endlich gibt es auch einen Spiegel in der Sonnenblende des Fahrers. Ganz nett ist das Brillenfach über der Fahrertür – für Leute, die keine Sehhilfe, wohl aber hin und wieder eine Sonnenbrille tragen. Brillenträger, die wegen besonderer Lichtempfindlichkeit auch schon mal während der Fahrt die Brillen austauschen müssen, sollten sich einen anderen Aufbewahrungsort für die Sonnenbrille suchen.
Der Innenraum glänzt mit gut verarbeiteten, hochwertigen Materialien. Straffe Sitze, mit strapazierfähigem Stoff bezogen, bieten gutem Seitenhalt. Vom Komfort her braucht sich der neue Corsa auch vor höheren Klassen nicht verstecken. Und wer es sportlich mag, muss sich nicht mehr mit nur drei Türen zufrieden geben: Auch der Fünftürer ist jetzt mit der Ausstattungslinie Sport und der 1.8-Liter-Motorisierung zu haben, den GSi wird es (voraussichtlich ab Februar 2001) aber nur als Dreitürer geben.
Die Serienausstattung der höheren Ausstattungsversionen sowie fast alle Extras, von der asymmetrisch geteilten Rückbanklehne, der dritten Kopfstütze und Drei-Punkt-Gurt hinten in der Mitte bis hin zum Navigationssystem mit integrierter Mobilfunkanlage und OnStar-Telematik, sind auch schon für die Basisausstattung erhältlich. Ausgenommen sind hiervon die elektrisch einstellbaren, beheizbaren Außenspiegel, Leichtmetallräder ab Werk und das elektrische Schiebe-/Ausstelldach, die für die Basisversion nicht verfügbar sind, sowie die Sitzheizung, die für Basis- und Comfort-Ausstattung auch gegen Aufpreis nicht zu haben sind.
Die Motorenpalette bietet für jeden etwas: von besonders sparsam bis schnell und durchzugsstark. Der kleine 1.0 (58 PS) ist für den Stadtverkehr eine ordentliche Motorisierung und erfüllt die Minimalanforderungen. Sparsamkeit bei ganz ordentlichem Durchzug verspricht der jetzt 75 PS starke 1.2. Er ist auch mit dem neuen automatisierten Fünfgang-Schaltgetriebe Easytronic zu haben, welches vor allem im Stadtverkehr enorme Vorteile bei praktisch keinem höheren Verbrauch (0,1 Liter je 100 km) bietet. Der 1.4 ist spritzig und durchzugsstark und mit 90 PS zu sehr ordentlichen Fahrleistungen fähig: von 0 auf 100 in 11,5 Sekunden und 180 km/h Spitze ist nicht von schlechten Eltern. Der 1.8-Topmotor der Baureihe ist fast schon was für die jungen Wilden: In 9 Sekunden auf Tempo 100, bei 202 km/h sind dem Vortrieb Grenzen gesetzt. Dazu ist er nur in der Sportausstattung (und bald als GSi) mit Sportfahrwerk und breiteren Reifen zu haben, was für jede Menge Fahrspaß garantiert. Nicht nur Freude an der Tankstelle, sondern auch auf der Straße bietet der 1.7 DTI mit 75 PS: niedriger Verbrauch, Laufruhe und ordentliche Fahrleistungen. Ein etwas schwächerer Turbodiesel-Direkteinspritzer, der 1.7 DI mit 65 PS vervollständigt das Motorenprogramm.
Mit dem teuren Kraftstoff geizen nicht nur die Dieselmotoren (4,7 Liter Diesel auf 100 km im gemischten Verbrauch nach EU-Norm) und der 1.0-Liter-Zwölfventiler (5,6 Liter Superbenzin), der als Verkaufsschlager der Corsa-Baureihe gilt. Selbst der 125 PS starke 1,8-Liter-Sechzehnventiler glänzt mit 7,9 Litern Super je 100 km (alles Herstellerangaben). Alle ECOTEC-Benziner erfüllen die Euro-4-Abgasnorm, die ECOTEC-Turbodiesel-Direkteinspritzer Euro 3.
Die manuelle Schaltung ist herrlich zu schalten, leichtgängig und präzise und ermöglicht dank kurzer, sportlicher Übersetzung flotten Vortrieb. Elektrisch arbeitet die geschwindigkeitsabhängige Servo-Unterstützung: Die Lenkung ist leichtgängig beim Einparken, aber direkt und präzise bei höheren Drehzahlen und setzt Lenkbewegungen prompt und zielgenau um.
Mustergütig ist das Fahrverhalten des neuen Corsa: Die breitere Spur, die feste Karosseriestruktur sowie die aufwändige Neukonstruktion der Vorderachse sorgen für sichere Straßenlage und präzise Radführung. Ebenso souverän wie agil im Handling lässt sich der Fronttriebler auch bei plötzlichen doppelten Spurwechseln nicht aus der Ruhe bringen. Dabei vermittelt er vor allem mit den Sportfahrwerk (in der Ausstattungsversion Sport) eine Dynamik und Agilität, die alles andere als brav und zurückhaltend ist. In flott gefahrenen Kurven ist er ganz in seinem Element. Bei aller Sportlichkeit fährt er sich aber immer komfortabel wie ein Großer.
Über die verwindungssteife Karosserie mit Stahlrohrverstärkungen in den Türen hinaus schützen die Passagiere vier Airbags und aktive Kopfstützen vorn, Kopfstützen und Drei-Punkt-Automatikgurte auf allen fünf Sitzplätzen (beim Fünftürer sowie Elegance-Ausstattung Serie, beim Dreitürer gegen Aufpreis). Der Beifahrerairbag kann gegen Aufpreis mit Sitzbelegungserkennung ausgestattet werden. Innenbelüftete Scheibenbremsen vorn, Trommelbremsen hinten (beim 1.8 auch Scheibenbremsen hinten) sowie ABS mit elektronischer Bremskraftverteilung sorgen für sichere Verzögerung. Opels Pedal-Release-System (PRS) sowie zwei Isofix-Kindersitzverankerungen hinten runden die serienmäßige Sicherheitsausstattung ab, ein Kopfairbag-System soll im kommenden Jahr folgen. Auch wenn ESP für den Corsa noch nicht verfügbar ist, setzt er doch mit der vorhandenen Sicherheitsausstattung in seiner Klasse Maßstäbe.
Ab 20.990 Mark steht der neue Corsa beim Händler. Bis zu 31.530 Mark für den 1.8 Sport und 32.850 Mark für den 1.7 DTI Elegance reicht die Preisspanne. Die Metallic-Lackierung schlägt mit 650 Mark zu Buche, die Klimaanlage mit 2.080 Mark (Serie im Elegance), die dritte Kopfstütze hinten mit Drei-Punkt-Gurt mit 290 Mark (Serie beim Fünftürer und in der Elegance-Ausstattung). Elektrisch einstellbare Außenspiegel kosten 355 Mark (Serie beim Elegance), elektrische Fensterheber vorn 750 Mark (Serie beim Comfort und beim Elegance), ein Radio-CD-Wechsler-Navigationssystem mit D-Netz-Telefon und Telematik-Einheit gibt es je nach Ausstattung für zwischen 2.825 (Elegance) und 4.085 Mark (Basis), Die geteilt umklappbare Rückbanklehne kostet im Basis- und im Sport-Corsa 355 Mark (sonst Serie). Die Zentralverriegelung mit Funkfernbedienung kostet nur im Basis-Corsa 720 Mark Aufpreis (sonst Serie).
Opel gewährt ein Jahr auf den Wagen und auf alle beim Opel-Partner eingebauten Original-Teile sowie 12 Jahre auf die vollverzinkte Karosserie. Nur noch alle 30.000 km (oder einmal jährlich) muss der Corsa Inspektion. Geringe Kosten für Unfallreparaturen schlagen sich in günstigen Versicherungseinstufungen nieder: von 11 / 13 / 18 (KH / VK / TK) für den 1.0 über 12 / 13 / 22 für den 1.2 bis hin zu 16 /17 / 29 für die beiden Diesel reichen die Klassen, für den 1.8 liegt noch keine Einstufung vor.
Auch wenn der Kleinwagen-Einstieg bei Opel nun über 20.000 Mark beginnt, bietet der Corsa in der Summe seiner Eigenschaften und Möglichkeiten ein faires Preis-Leistungs-Verhältnis. Das schwere Erbe des Bestsellers, des Corsa B, tritt er wohl nahtlos an. Zudem ist der neue Corsa ein weiterer Opel im aktuellen Modellprogramm, der sich in Punkto Agilität, Fahrdynamik und Fahrsicherheit auch vor sportlicher und imageträchtigerer Konkurrenz nicht zu fürchten braucht.
© September 2000 Petra Grünendahl, Fotos: grü
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