VW Polo IV 1.4 16V

Testbericht.
VW Polo 4
Großer Lupo oder kleiner Golf?
– von Petra Grünendahl

„Und Du fährst jetzt einen Golf?“, meinte Nachbar Max, stolzer Besitzer eines Dreier-Golf. Max war beleibe nicht der Erste, der meinen Wolfsburger Testwagen von der Seite für einen Golf hielt. Viel fehlt dem Polo der vierten Generation mit seinen 3,90 m Karosserielänge nicht mehr zum Dreier-Golf (4,02 m). Weniger jedenfalls, als zum Polo der dritten Generation, der mit 3,72 m noch Kleinwagen-Abmessungen aufzuweisen hatte. Von dem erwachsenen Eindruck, den die Karosserieform insgesamt macht, mal ganz zu schweigen. Von vorne stellt sich dem weniger geschulten Blick dann allerdings die Frage: Polo oder Lupo?

Kann der neue Polo wirklich schon an den nicht mehr ganz taufrischen Golf heranreichen – oder ist er doch nur ein größerer Lupo? Das versuchten wir, in einem viertürigen Polo 1.4 Trendline mit 100 PS in oceanic-grüner Perleffekt-Lackierung zu erkunden.

 

Vorne wie hinten bietet der fünftürigen Polo den Passagieren einen problemlosen Einstieg. Auch die Platzverhältnisse lassen nicht auf einen Kleinwagen schließen. Der Raum für Knie und Kopf ist großzügig bemessen. Richtig bequem ist es mit drei Leuten auf der Rückbank nirgends, da macht der Polo mit 1,65 Karosseriebreite keine Ausnahme. Die Sitze sind mit strapazierfähigem Stoff bezogen und damit familientauglich. Der Laderaum ist mit 270 Litern Volumen klassenüblich, die erlaubte maximale Zuladung mit 470 kg, sehr anständig.

Der Innenraum wirkt hochwertig, wenn auch eher funktional als originell gestaltet. Serienmäßige Sportsitze vorne geben der Trendline-Ausstattung ihren sportlichen Anstrich. Ein anderes sportliches Feature, das Sportfahrwerk mit strafferen Dämpfern und 15 mm Tieferlegung, ist dagegen für alle Ausstattungsvarianten gegen Aufpreis zu haben.

Das Cockpit ist übersichtlich und problemlos in der Handhabung: Alle Schalter und Anzeigen sind ergonomisch und blickgünstig gestaltet. Die Aufpreisliste umfasst neben einer manuellen Klimaanlage auch eine Klimaautomatik, beides ist nur anstelle des serienmäßigen Schiebe-Ausstell-Glasdaches zu haben. Ablagen gibt es reichlich: in den vorderen Türen, zwei im und eins auf dem Mittelteil des Armaturenbretts, unterm Lenkrad sowie unter dem Handschuhfach. Der Gepäckraum ist über 66 cm hohe Ladekante recht gut zu beladen, die Ladebreite ist für einen Kleinwagen akzeptabel. Die Rückbanklehne ist asymmetrisch (1:2) geteilt, mit dem breiteren Teil rechts, was eine maximale Ladebreite bis zum Beifahrersitz oder, wenn dieser ganz zum Liegesitz gekurbelt ist, bis zum Armaturenbrett ermöglicht.

Von den vier angebotenen Ausstattungslinien – Basis, Trendline, Comfortline und Highline – ist Trendline die eher sportlich orientierte. Ausgesprochen sportliche Elemente halten sich in der Ausstattung aber trotzdem in Grenzen. Die Serienausstattung des Trendline glänzt nicht gerade mit Komfort: die Außenspiegel sind nur manuell von innen verstellbar, aber immerhin sind die Spiegel in beiden Sonnenblenden beleuchtet. Elektrische Fensterheber sind nur in den zweitürigen Comfortline- oder Highline-Modellen serienmäßig elektrisch. Wer die lieben Kleinen zudem auch im Viertürer auf der Rückbank unter Kontrolle behalten will, muss eines der Komfortpakete Elektrik mit elektrischen Fensterhebern hinten ordern. Auch die funkfernbediente Zentralverriegelung ist erst ab dem Komfortpaket Elektrik II dabei: Ein Muss, wenn man die kleinen Annehmlichkeiten des Autofahrerlebens zu schätzen weiß. Unser Testwagen verfügte über das Elektrik-Paket I mit elektrischen Fensterhebern vorne und elektrisch einstellbaren Außenspiegeln. Der Hauptschlüssel hatte aber immerhin eine kleine Leuchte, damit man auch im Dunkeln das Türschloss findet.

Mit seinen 100 PS sind dieser 1,4-Liter-Ottomotor sowie ein ebenfalls 100 PS starker 1,9-Liter-Pumpe-Düse-TDI bislang die Topmotorisierungen der aktuellen Polo-Baureihe. Damit läuft der Kleine schon sehr gut, aber mit seinen immerhin 1,1 t Leergewicht ist er natürlich kein Temperamentsbündel. Die Beschleunigung von Null auf 100 km/h in 10,9 Sekunden macht noch keinen Sprinter. 188 km/h sind als Höchstgeschwindigkeit für einen Kleinwagen mehr als anständig und langstreckentauglich.

Der Vierzylinder-Vierventiler läuft recht brummig, das können andere Vierzylinder kultivierter. Dafür tritt der Fronttriebler aber recht kräftig an und zieht über das relevante Drehzahlband ordentlich durch. Eine Freude ist die manuelle Fünfgang-Schaltung: Kurz, knackig und präzise lässt sich der Schalthebel durch die Kulisse dirigieren, wobei der Motor schaltfaules Fahren begünstigt.

Bei einem Verbrauch von 9 Litern Superbenzin auf 100 km innerorts, 5,4 Litern außerorts und 6,7 Litern im gemischten Verbrauch nach EU-Norm (alles Herstellerangaben) reicht der 45-Liter-Tank bei ökonomischer Fahrweise für eine anständige Reichweite. Der Motor ist optimiert auf Superbenzin, kann aber auch mit Normalbenzin (mit etwas verminderter Leistung bei höherem Verbrauch) gefahren werden. Er erfüllt die Abgasnorm EU4.

Besonders gelungen ist das Fahrwerk des nicht mehr ganz so kleinen Wolfsburgers. Tadelloser Geradeauslauf und eine eher direkt ausgelegte Lenkung machen Freude. Handlich und agil gibt sich der Polo auch auf kurvigen Strecken, dass es schon richtig Spaß macht. Der Wendekreis dürfte dabei aber ruhig etwas kleiner sein.

Dank der präzisen Lenkung lässt sich der Fronttriebler zielgenau auch um enge Kurven dirigieren, verfolgt sicher und neutral die vorgegebene Spur, auch wenn es mal was fixer in die Kurve geht. Der Grenzbereich, an dem das Fahrzeug die Bodenhaftung verliert und eine leichte Tendenz zum Untersteuern erkennen lässt, liegt sehr hoch. Das ESP muss erst spät eingreifen, um Stabilitätsverluste auszugleichen, und kommt damit kaum zum Einsatz. Das Fahrwerk des Polo ist eher komfortabel abgestimmt. Dennoch bekommt der Fahrer genug Rückmeldung über die Fahrbahnbeschaffenheit.

Unser Testwagen stand auf – dank 100 PS serienmäßigen – Reifen in der Größe 185/60 R 14. Immerhin war er aber nicht mit den serienmäßigen Stahlfelgen mit Radvollblenden ausgestattet, sondern (gegen Aufpreis versteht sich) mit schickeren Leichtmetallrädern im Sieben-Speichen-Design. Die Bremsanlage arbeitet tadellos: schnell ansprechend, gut dosierbar und wirksam verzögernd bereiten sie dem Vortrieb in Notfall ein abruptes Ende. Mit seinen 100 PS verfügt unser Polo aber auch – wie alle Modelle ab 75 PS – über Scheibenbremsen rundum (vorne innenbelüftet). Polo-Modelle unter 75 PS haben zwar auch ABS, aber immer noch Trommelbremsen an der Hinterachse. Die 100-PS-Modelle sind darüber hinaus mit ESP, Antriebsschlupfregelung, elektronische Differenzialsperre und Bremskraftverstärker ausgestattet.

Serienmäßige Sicherheit für die Insassen bieten Versteifungsprofile in den Türen, Verformungszonen vorne und hinten, Drei-Punkt-Gurte und Kopfstützen auf allen Außenplätzen sowie ein Beckengurt in der Mitte, Front- und Seitenairbag für Fahrer und Beifahrer sowie Isofix-Kindersitzvorrüstungen auf der Rückbank außen. Die dritte Kopfstütze mit Drei-Punkt-Gurt für die Rückbank gibt es gegen Aufpreis.

 

Ab 11.225 Euro steht der Basis-Polo mit 55-PS-Motor beim Händler. Für den 100-PS-Ottomotor muss man schon ab 13.925 Euro hinlegen, in der Trendline-Ausstattung ab 14.700 Euro. Das gilt für die Zweitürer. Vier Türen kosten ebenso Aufpreis wie Metallic- oder Perleffekt-Lackierungen. Als Sonderausstattung gibt es nahezu all die kleinen Annehmlichkeiten des Autofahrerlebens bis hin zur Klimaautomatik und Geschwindigkeitsregelung. In den 100 PS starken Modellen ist immerhin die Antriebsschlupf-Regelung, ESP sowie der Bremsassistent Serie.

Volkswagen gewährt eine Neuwagen-Garantie von zwei Jahren ohne Kilometerbegrenzung, drei Jahre auf den Lack, zwölf Jahre auf die Karosserie sowie eine LongLife-Mobilitätsgarantie beim Einhalten der Inspektionsintervalle. In den Typklassen-Einstufungen ist der Polo mit 17 / 14 / 32 (KH / VK / TK) nicht gerade ein Schnäppchen in der Teilkasko-Versicherung.

© November 2002 Petra Grünendahl, Fotos: grü / IN*TEAM

Über Petra Grünendahl

Erfahrener Journalist mit einem Gespür für Themen, Geschichten und Bilder, aber auch Inhalte und klare Worte. Mit fachübergreifender Denke, Redaktionsverantwortung und einem Blick für Zielgruppen. Generalist mit Special Interests (Fachjournalist), Kommunikationsexperte, Öffentlichkeitsarbeiter und Netzwerker.
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