Testbericht.
VW Passat Variant W8
Wolfsburger Express-Laster
Von Petra Grünendahl
Der Passat Variant ist schon seit Jahren ein alter Bekannter. 1996 kam die fünfte Generation auf den Markt, ein Facelift hat ihn im Herbst 2000 noch einmal aufgefrischt und aufgewertet. Als Krönung der Baureihe erschien dann im Frühjahr 2001 der Passat als Limousine und als Variant für eilige Vertreter: Ein dezentes verchromtes „W8“ im Kühlergrill, „W8“ und „4Motion“ an der Heckklappe, ein bisschen serienmäßiger Chromzierrat mehr sowie zwei verchromte Doppel-Auspuffendrohre hinten deuten an, das bei diesem Kombi mehr unter der Motorhaube steckt, als was man gewöhnlich bei einem Passat erwartet. Muntere 275 Pferdchen aus acht Zylindern und vier Litern Hubraum lassen den Passat Variant schneller laufen, als die Polizei erlaubt. Was der Wolfsburger Laster sonst noch zu bieten hat, erfuhren wir in einem Passat Variant W8 4Motion in der Perleffekt-Lackierung Petrol.
Vier Türen bieten den Passagieren vorne wie hinten reichlich Platz zum Einsteigen, die weit öffnende Heckklappe mit niedriger Ladekante ein bequemes Einladen auch schwerer Güter. Die beim Passat serienmäßigen verchromten Umrandungen der Seitenfenster, Chromzierleisten im Kühlergrill, an den Seiten und bis in die Stoßfänger hineingezogen sowie die verchromte Dachreling setzten Akzente auf der dunklen Karosserie. Leider bestehen die Schweller aus vernarbtem Kunststoff und sind nicht lackiert. Das macht sie sehr anfällig für jede Spur von Dreck.
Die sportlich-straffen Sitzpolster sind gut konturiert und bieten ausreichend Seitenhalt. Dem guten Platzangebot vorne steht in dem 4,68 m langen Fahrzeug auch ausreichend Platz für die Fondpassagiere gegenüber. Reichlich Knieraum haben sie auch dann, wenn vorne große Leute sitzen. Der mittlere Sitz ist etwas eng, aber wann fährt man auch schon mit fünf Leuten. Die Übersicht ist recht anständig, für hinten gibt es aber auch eine Einparkhilfe, und das ist gut so. Die Karosserie glänzt mit guter Verarbeitung, aber nicht so richtig mit guter Geräuschdämmung. Windgeräusche sind schon bei normaler Autobahnfahrt deutlich vernehmbar.
Bei der Bedienung von Schaltern und dem Ablesen der Anzeigen gibt es nichts zu bemängeln: Alles aufgeräumt und dort, wo man es sucht. Qualitativ wirkt der Innenraum hochwertig: Ledereinsätze in den Türen, serienmäßige Chromleisten, Chromzierringe sowie Holzeinlagen gehören im W8 zur Serienausstattung. Lederlenkrad, Schaltknauf und Bremshebel in Leder gehören ebenfalls zur Grundausstattung, die sportlichen Ledersitze (elektrisch einstellbar mit Memory-Funktion für den Fahrer) gibt es als Sonderausstattung.
Ablagen gibt es im Innenraum reichlich, aber leider ist die Mittelkonsole so voll, dass für die Sonnenbrille gut erreichbar nur die miteinander verbundenen Getränkedosenhalter auf dem Mitteltunnel bleiben. Ansonsten sind die Frontpassagiere gut versorgt: Vom Handschuhfach über Fächer in den Türen, Getränkedosenhalter bis hin zu einem kleinen Fach links unterm Lenkrad reicht die Auswahl. Die Fondpassagiere müssen mit Taschen auf den Rückseiten der Vordersitze und einem Staufach in der Mittelarmlehne auskommen. Fächer in den Türen gibt es hier nicht. Mit 450 bis 1.545 Litern Fassungsvermögen ist der Laderaum des Variant sehr schluckfreudig, fast quadratisch nutzbar und über eine niedrige Ladekante gut zu beladen. Die erlaubte maximale Zuladung von 500 kg dürfte aber für manche Verwendungen etwas knapp bemessen sein. Die Rückbanklehne ist 1 : 2 geteilt umklappbar und ermöglicht ein möglichst breites Beladen bis nach vorne mit einem Passagier hinterm Fahrersitz.
Die Serienausstattung des Variant W8 sind angenehm umfangreich: Klimaautomatik, elektrisch einstellbare und beheizbare Außenspiegel, beheizbare Scheibenwaschdüsen vorne, elektrische Fensterheber vorne und hinten, beleuchtete Spiegel in beiden Sonnenblenden, Alarmanlage und eine funkfernbediente Zentralverriegelung mit separater Entriegelung für den Gepäckraum sowie Bi-Xenon-Licht mit dynamischer Leuchtweitenregulierung.
Optional verfügt unser W8 über Ledersitze (vorne elektrisch einstellbar), Sitzheizung, ein Multifunktions-Lederlenkrad, Nebelscheinwerfer, Geschwindigkeitsregelung, eine Einparkhilfe hinten, Regensensor, Navigationsradio mit CD-Wechsler (im Laderaum) und Autotelefon. Die Laderaumabdeckung und die Dachreling sind Serie, Aufpreis kosten aber das Gepäcktrennnetz und die Anhängerkupplung ebenso wie der dritte Drei-Punkt-Gurt und die dritte Kopfstütze auf der Rückbank.
Volkswagens Achtzylinder-Motor besteht aus einer doppelten V-Konstruktion – daher W8 – mit versetzt angeordneten Zylindern, um im vorhanden Motorraum Platz zu finden. 275 PS schöpft er aus vier Litern Hubraum, sein maximales Drehmoment von 370 (!) Nm liegt bereits frühzeitig, nämlich bei 2.750 Touren, an. Mindestens 280 Nm sind es über das ganze Drehzahlband, das ist einfach nur Kraft satt – mehr als ausreichend auch in einer Karosserie von 2.320 kg (!) Lebendgewicht.
Dieser Motor hat es als Antriebsquelle wirklich in sich und leistet sich auch dann keine schwachen Momente, wenn er in fixer Kurvenhatz die Serpentinen mühelos hochzirkelt. Souverän in Durchzug und Leistungsentfaltung, superkultiviert und laufruhig, leise und vibrationsarm ist dieser Motor einfach vom Allerfeinsten. Erst beim kräftigen Tritt aufs Gaspedal wird der Motor akustisch präsent. Die manuelle Sechsgang-Schaltung glänzt mit präzisem Handling auf kurzen Schaltwegen, auch wenn sich der Hebel nicht gerade butterweich führen lässt.
Den Tank mit einem Fassungsvermögen von 80 Litern braucht der W8! Sowohl in der Stadt (Herstellerangabe ca. 19,4 Liter Super Plus je 100 km) als auch auf der Autobahn bei gepflegt-flottem Tempo gibt sich der Achtzylinder erwartet schluckfreudig. In acht Töpfen verbrennt halt mehr als in vier. Immerhin erfüllt der Achtzylinder-Benziner die Abgasnorm EU4. Bei ökonomischer Fahrweise kann er aber außerorts durchaus mit ca. 9,6 Litern (alles Herstellerangaben) auskommen, das setzt aber wohl Fahrten mit eingeschalteter Geschwindigkeitsregelung voraus, denn mit Fuß auf dem Gaspedal verliert man jedes Gefühl für die tatsächliche Geschwindigkeit je mehr die Tacho-Nadel in Richtung 300 wandert. Bis dorthin reicht das Ziffernblatt, wobei der Motor aber „schon“ bei einer Höchstgeschwindigkeit von 250 km/h elektronisch abgeregelt wird. Im gemischten Verbrauch nach EU-Norm schluckt er 13,2 Liter Super Plus je 100 km – ökonomische Fahrweise vorausgesetzt. Dafür entschädigt aber die Beschleunigung: Von Null auf Tempo 100 in 6,8 Sekunden ist ebenso sportwagenverdächtig wie die Vollbremsung bei einer Bremsanlage mit großdimensionierten Scheibenbremsen (Durchmesser 334 mm vorne, 269 mm hinten), rundum innenbelüftet.
Der Passat W8 kommt – auch als Variant – serienmäßig mit Allrad-Antrieb 4Motion. 4Motion ist ein permanenter Allrad-Antrieb mit automatisch sperrendem Torsen-Differenzial und elektronischer Differenzialsperre für Vorder- und Hinterachse, um die Traktion auf allen vier Rädern immer gleichmäßig zu halten. Brillant ist beim Allradler natürlich die Traktion, aber zu schnelle Kurvenfahrten und flott gefahrene plötzliche Spurwechsel sind nicht ganz unproblematisch, weshalb das serienmäßige ESP auch hier früher eingreift als beim Fronttriebler. Insgesamt ist das Handling aber bei normalem Tempo problemlos. Auch plötzliche einfache und doppelte Spurwechsel bei höherem Tempo meistert er dank ESP solide und ohne tückische Lastwechselreaktionen. Die direkt ausgelegt Lenkung spricht schnell an und macht Spaß. Da vergisst man glatt, dass man in einem großen Fahrzeug sitzt. Zielgenau lässt sich der Kombi auch um enge Kurven dirigieren.
Der W8 steht serienmäßig auf 17-Zoll-Leichtmetallrädern mit 225/45er Reifen. Das ist schon mächtig breit. Dennoch bietet der W8 dank einer gelungen Feder-Dämpfer-Abstimmung einen guten Kompromiss aus sportlich-straff und sicher und einem gewissen Komfortanspruch.
Zur serienmäßigen passiven Sicherheitsausstattung zählen Verformungszonen vorne und hinten in der Karosserie, Versteifungsprofile in den Türen, Kopfstützen und Drei-Punkt-Gurte auf allen Außenplätzen, Beckengurt hinten in der Mitte, Front- und Seitenairbags vorne, Kopfairbags für vorne und hinten. Den Fahrer unterstützen Fahrassistenzsysteme wie die Antriebsschlupfregelung, ESP, ABS, einen elektronische Bremskraftverteilung und der Bremsassistent. Die serienmäßigen Bi-Xenon-Scheinwerfer sind mit dynamischer Leuchtweitenregulierung ausgestattet.
Das Gepäcktrennnetz kostet ebenso Aufpreis wie Drei-Punkt-Gurt und Kopfstütze auf dem mittleren Platz hinten. Isofix-Vorrüstungen für zwei Kindersitze auf der Rücksitzbank sind Serie, optional gibt es auf der Rückbank zwei integrierte herausklappbare Kindersitze, aber nicht in Verbindung mit der Lederausstattung.
Der „normale“ Passat steht ab 20.900 Euro in der Preisliste, die Kombi-Version Variant ab 21.950 Euro. Mit Achtzylinder-Motor und Allradantrieb 4Motion muss der Kunde aber schon ab 42.500 Euro für den Kombi hinlegen. Aufpreis kosten aber auch hier unter anderem die Anhängevorrichtung, das Gepäcktrennnetz, Kopfstütze und Drei-Punkt-Gurt für den Mittelsitz hinten sowie die Perleffekt-Lackierung.
Volkswagen gibt zwei Jahre Gewährleistung auf den Wagen und alle beim VW-Händler eingebauten Original-Ersatzteile, drei Jahre auf den Lack sowie 12 Jahre auf die Karosserie. Die Service-Intervalle liegen bei 30.000 km oder zwei Jahren. Die Versicherungen stufen den Passat Variant W8 in die Typklassen 20 / 30 / 35 (KH / VK / TK) ein.
© April 2003 Petra Grünendahl, Fotos: grü / IN*TEAM