Testbericht.
Opel Astra H
Sportlich-dynamischer Kompakter
Von Petra Grünendahl
Schick ist der neue Astra gezeichnet, eine sehr gelungene Mischung aus Kurven und Linien. Eigenständiger ist seine Karosserielinie geworden, wo der alte wie eine dynamischere Version des 3er Compact von BMW aussah. Mutiger im Design zieht er auch in langweiligem Silbergrau Blicke auf sich. Und gewachsen ist er, dass man ihn bald nicht mehr „kompakt“ nennen darf: gute 14 cm länger, über 4 cm breiter und 8 mm mehr Radstand versprechen mehr Innenraum-Komfort.
Auf der IAA im vergangenen Jahr wurde er vorgestellt, seit dem Frühjahr 2004 steht die dritte Generation des Rüsselsheimer Kompaktwagens beim Händler. Nach offizieller Zählung ist es der „Astra H“, weil die fünf Generationen des Vorgängers Kadett (1962 – 1991) mitgezählt werden.
Zum Test fuhr ein Opel Astra in der Ausstattungslinie Sport mit 1,8-Liter-Vierzylinder-Motor (125 PS) in der Lackierung Starsilber Metallic vor. Seitenschutzleisten in Anthrazit mit Kühlerquerstrebe, Außenspiegeln und Bügeltürgriffen in Wagenfarbe sowie ein voluminöses Auspuffendrohr aus poliertem Edelstahl kennzeichnen die Sport-Ausstattung von außen.
Guten Zugang zum Innenraum bieten den Passagieren vier Türen, die Heckklappe ist aber zur Ladekante hin ein wenig schmal geraten, was das Ein- und Ausladen nicht unbedingt erleichtert. Die Übersicht nach vorne geht in Ordnung, nach hinten wird es schwieriger, weil der Astra nicht dort zu Ende ist, wo man nichts mehr sieht. Die optionale Einparkhilfe für hinten ist ein sehr empfehlenswertes Extra!
Das Platzangebot ist vorne wie hinten sehr großzügig für die Kompaktklasse. Die straffen Sportsitze vorne und die ebenso straffe, außen gut konturierte Rückbank sind mit Stoff in der Farbe Anthrazit bezogen, das ist unempfindlich und pflegeleicht. Alle Außenplätze bieten guten Seitenhalt. Der Mittelsitz hinten ist nicht übermäßig bequem, aber dafür mit Kopfstütze und Drei-Punkt-Gurt gut ausgestattet.
Die Option des vorklappbaren Beifahrersitzes ermöglicht eine Ladelänge von 2,75 m bis zum Armaturenbrett. Mit Notlaufrad (anstelle eines Reifen-Reparatursets) stehen nur 350 Liter Laderaum unter der Laderaumabdeckung zur Verfügung. Das sind 20 Liter weniger als beim Vorgänger, die sich beim organisierten Beladen schon bemerkbar machen (Foto: Laderaum alt). Allerdings lässt sich der Laderaum durch Umklappen der asymmetrisch geteilten Rückbanklehne auf bis zu 1.300 Liter erweitern (im Astra G waren es nur 1.180 Liter). Optional erhältlich ist auch eine in drei Teile, nämlich 40:20:40 geteilte Rückbanklehne (Serie in der Linie Enjoy), die beim Beladen mehr Flexibilität bietet die serienmäßige 40:60 geteilte.
Die Optik im Innenraum mit Dekorleisten „Chromquader“ in Instrumententafel und Vordertüren, Sportsitzen vorne (inkl. Lendenwirbelstütze), Sport-Lederlenkrad, Türeinstiegsleisten und Sportpedalerie in Aluminium sowie mit Mittelkonsole und Instrumentenringe in Mattchrom verrät die Sport-Ausstattung. Das Cockpit ist insgesamt sehr funktional gestaltet, das Armaturenbrett erinnert an den Vectra. An der Verarbeitung gibt es nichts auszusetzen, die Anordnung der Instrumente und Schalter ist übersichtlich und ergonomisch. An die nicht mehr einrastenden Blink- und Wischerhebel hat man sich nach Erfahrungen in den Vectra-Baureihen (Vectra, Vectra GTS und Signum) schnell wieder gewöhnt. Eigentlich wird es sogar mit mehr Erfahrung immer besser …
Als Ablagen stehen den Passagieren ein Handschuhfach, Fächer in allen vier Türen und Taschen an den Rückseiten der Vordersitzlehnen zur Verfügung sowie ein Fach auf dem Mitteltunnel zwischen den Vordersitzlehnen. Für Nichtraucher lohnt sich der Entfall des Raucherpaketes, den Opel ohne Mehrpreis anbietet und dem Kunden dafür anstelle des Zigarettenanzünders eine 12V-Steckdose und ein größeres Ablagefach vorn (statt Aschenbecher vorn und hinten) spendiert.
Ab der Basisausstattung ist der Astra bestückt mit fast all den kleinen Annehmlichkeiten des Autofahrerlebens wie funkfernbedienter Zentralverriegelung, elektrischen Fensterhebern vorne, elektrisch einstellbaren und beheizbaren Außenspiegeln, Wärmeschutzverglasung rundum mit SolarReflect-Windschutzscheibe, längs- und höheneinstellbarer Lenksäule, höhenverstellbarem Fahrersitz und Geschwindigkeitsregelanlage. Ein Reifen-Reparatur-Set ersetzt das Reserverad, ein solches als Stahlrad kostet extra. Die Sport-Ausstattung umfasst zusätzlich ein Sport-Lederlenkrad, Sportsitze vorne, Alu-Pedale, das IDS-Sportfahrwerk und 16-Zoll-Leichtmetallräder.
Als Sonderausstattung gegen Aufpreis gibt es den Bordcomputer mit Check-Control-System und Bord-Info-Display, elektrische Fensterheber hinten, eine Klimaautomatik mit Luftgütesensor und automatisierter Umluftschaltung, 18-Zoll-Leichtmetallräder im Fünf-Speichen-Design und das Audiosystem CDC 40 Opera (mit Radio und Sechsfach-CD-Wechsler). Die darüber hinaus zur Auswahl stehenden Extras und Pakete ermöglichen aber noch mehr Komfort, die über die Kompaktklasse weit hinaus reichen: in der Liste der Sonderausstattungen stehen unter anderem ein Regensensor, eine Lichtautomatik, verschiedene umfangreiche Audio-/Navigationssysteme, das schlüssellose Open&Start-System, Adaptives Fahrlicht (Bi-Xenon-Scheinwerfer mit Kurvenlicht und adaptivem Autobahnlicht) sowie das Performance-Paket (IDSplus-Fahrwerk mit elektronischer Dämpferregelung CDC, Adaptives Fahrlicht AFL und Leichtmetallräder).
Vier Benzinmotoren in fünf Leistungsstufen (90 – 200 PS) sowie zwei Diesel in vier Leistungsstufen (80 – 150 PS) umfasst die aktuelle Motorenpalette der Baureihe. Unser 1,8-Liter-Ecotec-Triebwerk liegt hier irgendwo im Mittelfeld. Mit seinen 125 PS bietet der Astra 1.8 gute Fahrleistungen, denen eine ausreichende Dynamik nicht fehlt. Spontan hängt der Motor am Gas und glänzt durch seine Laufruhe und seinen vibrationsarmen Lauf, Antritt und Durchzugsvermögen sind angemessen gut. Die Leistungsentfaltung ist ausgewogen über das ganze relevante Drehzahlband, das Drehmomentmaximum von 170 Nm liegt zwar erst bei 3.800 U/min. an, aber schon ab 1.000 Touren stemmt er mindestens 120 Nm auf die Kurbelwelle.
Ein manuelles Fünfgang-Getriebe überträgt die Motorleistung auf die Antriebsachse. Leichtgängig, präzise, knackig und auf kurzen Wegen lässt sich der Hebel durch die Schaltkulisse führen. Die Getriebeübersetzung ist eher kurz gehalten und nicht unbedingt auf Sparsamkeit ausgelegt, womit der Astra 1.8 recht flott am Start und unterwegs ist. Auch lässt er sich weitgehend schön schaltfaul fahren.
Astra-Versionen mit IDS-Sportfahrwerk (wie bei unserem Testwagen) oder mit IDSplus-Fahrwerk verfügen über eine Sport-Taste in der Armaturentafel. Diese sorgt für eine betont fahraktive Charakteristik von Motor und Getriebe, eine etwas straffere Dämpferkennlinie und ein noch etwas direkteres Ansprechen der Lenkung. Und dieser Schalter ist für einen eher sportlich ambitionierten Fahrer schon so etwas wie eine Offenbarung, denn man meint schon fast, ein anderes Auto zu fahren, da der Motor noch besser Gas annimmt, was man durchaus für ein sportlicheres Fahren nutzen kann. Da kommt noch einmal eine zusätzliche Portion Fahrfreude auf!
Den Sprint auf Tempo 100 schafft der Astra 1.8 in 10,8 Sekunden, seine Höchstgeschwindigkeit erreicht er bei 198 km/h. Bei ökonomischer Fahrweise verbraucht er 10,5 Liter Superbenzin auf 100 km in der Stadt, 6,2 Liter außerorts und 7,8 Liter im gemischten Verbrauch nach EU-Norm (alles Herstellerangaben). Die eingeschaltete Sport-Taste kann, muss aber nicht zu einem höheren Verbrauch führen. Der Motor erfüllt die Abgasnorm EU4.
Der Fronttriebler bietet einen guten Geradeauslauf. Die präzise Lenkung ist schon im Standard-Modus sehr direkt ausgelegt. In der Ausstattungslinie Sport ist der Astra mit Hilfe des IDS-Sportfahrwerks (kürzere Federn mit einer anderen Dämpferkennlinie) knapp 15 mm tiefer gelegt. Die Feder-Dämpfer-Abstimmung ist sportlich-straff, aber nicht hart, sondern bietet anständigen Fahrkomfort. Diese Verbindung bietet dem Fahrer sehr guten Fahrbahnkontakt. Der Wendekreis hätte aber für einen Kompaktwagen durchaus etwas kleiner ausfallen dürfen.
Die Fahrwerkskonstruktion mit McPherson-Federbein und Dreiecksquerlenker an geschlossenem Fahrschemel vorne sowie Verbundlenkerachse in Doppel-U-Form, Schraubenfedern und Gasdruck-Stoßdämpfer hinten hat sich bereits im Vorgänger-Modell bewährt und wurde für die neue Astra-Generation weiterentwickelt und verfeinert. Das nun auch hier eingesetzte IDS-Fahrwerk (für Interactive Driving System oder Interaktives Dynamisches FahrSystem) ist aus den Vectra-Baureichen bereits bekannt. Die Ausstattung mit Fahrwerksregelsystemen ist mehr als standesgemäß und umfasst außer ESP und Traktionskontrolle auch einen Kurvenbremskontrolle serienmäßig als Teil des IDS-Fahrwerkspakets.
Unproblematisch gibt sich der Astra im Handling. Agil und dynamisch eilt er durch Kurven und Biegungen wie auf Schienen. Nur minimalstes Untersteuern kündet eine Annäherung an den hoch angesetzten Grenzbereich an. Exakt und solide folgt er Lenkbefehlen auch bei flotterem Tempo. Plötzliche Spurwechsel meistert er bravourös und sicher, sauber zieht er in die alte Spur zurück und auch beim schnelleren Slalom zieht er exakt seine Linie. Die bereits erwähnte Sport-Taste macht die Lenkung noch einen Tick direkter und die Dämpferkennung einen Hauch straffer: Das macht den Astra noch agiler auch im Hinblick auf sein ohnehin schon dynamisches Handling und garantiert damit einfach noch mehr Fahrspaß.
Unser Testwagen stand auf optional erhältlichen 18-Zoll-Leichtmetallrädern mit mächtig breiten 225/40er Reifen (anstelle der serienmäßigen Reifen im Format 205/55 R 16), aber auch diese sehr breite Bereifung lässt in Verbindung mit der Tieferlegung weit mehr als nur einen „Restkomfort“. Die gut ansprechenden Scheibenbremsen rundum (vorne innenbelüftet) sind gut dosierbar und verzögern wirkungsvoll, sicher und spurtreu.
Umfassende Sicherheit verspricht das integrierte Schutzsystem Safetec. Es beinhaltet aktive und passive Sicherheitsmerkmale von der hochfesten, im Vergleich zum Vorgänger noch versteiften Sicherheitskarosserie mit Crash-Boxen vorne und hinten über maßgeschneiderte Rückhaltesysteme bis hin zu einer mehr als umfassenden Palette von Fahrwerksassistenten. Zu den Rückhaltesysteme zählen Kopfstützen und Drei-Punkt-Gurte auf allen fünf Sitzplätzen, Frontairbags, Brust-Becken-Seitenairbags und Kopfairbags sowie Isofix-Kindersitzvorrüstungen auf den Außenplätzen hinten. Aktive Kopfstützen vorne mindern das Risiko eines Schleudertraumas. Auskuppelnde Sicherheitspedale und eine Sicherheitslenksäule runden das Innenraum-Sicherheitspaket ab. Im EuroNCAP-Crashtest erhielt der Astra für sein Insassenschutz-Paket gute vier Sterne.
An aktiven Fahrassistenten ist alles das vorhanden, was man in dieser Klasse erwarten darf – und noch etwas mehr. Das serienmäßige IDS-Fahrwerk umfasst das Stabilitätsprogramm ESPplus, die Traktionskontrolle TCplus sowie die bislang eher in der Oberklasse angesiedelte Kurvenbremskontrolle CBC. In der Sport-Version kommt es als IDS-Sportfahrwerk mit einer um 15 mm tiefer gelegten Karosserie, Sport-Taste zur Aktivierung des Sport-Modus, elektrohydraulischer, kennfeldgesteuerter Servolenkung und 5-Loch-Radbefestigung. ABS und ein Bremsassistent optimieren ab der Basisausstattung im Notfall die Bremsleistung. Optional ist ein Reifendruck-Kontrollsystem verfügbar, ebenso ein Adaptives Fahrlicht mit Bi-Xenon-Scheinwerfern, Kurven- und Autobahnlicht.
Ab 15.200 Euro ist der Astra Fünftürer zu haben, der 1,8-Liter-Ecotec-Benziner startet bei 17.010 Euro und in der Sport-Ausstattung bei 18.580 Euro. Aufpreis kosten unter anderem Brillant-, Metallic- oder Mineraleffekt-Lackierungen, Bordcomputer, Klimaautomatik, die 18-Zoll-Leichtmetallräder mit Breitreifen und das Audiosystem.
Opel gibt als Hersteller zwei Jahre Garantien auf das Neufahrzeug und den Lack sowie zwölf Jahre auf die Karosserie gegen Durchrostung. Eine Mobilitätsgarantie gibt es für sieben Jahre beim Einhalten der Inspektionsintervalle, nach denen der Wagen spätestens alle 30.000 km oder einmal im Jahr zum Service-Check muss. Die genauen Inspektionsintervalle in Abhängigkeit von Fahrstil und Fahreinsatz berechnet der Bordcomputer und gibt die Daten über die Service-Intervall-Anzeige aus. Die Versicherungen stufen das Modell in die Typklassen 15 / 15 / 28 (KH / VK / TK – nach der neuen Struktur in der Fahrzeugversicherung: VK 15, TK 19) ein.
© September 2004
Petra Grünendahl, Fotos: grü / IN*TEAM
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