Porsche Cayenne Turbo

Testbericht.
Porsche Cayenne Turbo
Eine mächtige Größe unter den rassigen Sportwagen
Von Petra Grünendahl

Eigentlich liegen Sportwagen tief geduckt auf der Straße. Ganz anders die dritte Baureihe eines Zuffenhausener Sportwagenherstellers. Der steht nicht nur (auf Normalniveau der Luftfederung) 1,70 m hoch, sondern ist darüber hinaus – als erster Porsche überhaupt – auch voll familientauglich. Porsche betrat mit einem sportlichen Geländewagen – oder sollte man nicht eher sagen: Sports Utility Vehicle (SUV) – absolutes Neuland und entwickelte den Cayenne in Zusammenarbeit mit Volkswagen. Die Verwandtschaft zum Touareg kann der Cayenne zumindest in Bezug auf die Karosserieform auch nicht leugnen, auch wenn er innen wie außen über eigenständige markante Designmerkmale wie zum Beispiel Kühlergrill, Scheinwerfer, Heckleuchten und Innenraumgestaltung sowie über unterschiedliche Abstimmungen bei Antrieb und Fahrwerk verfügt. Von der Charakteristik ist der Porsche schon ganz eindeutig als Sportwagen ausgelegt, auch wenn er sich zudem sehr gekonnt im Gelände bewegt.

Massiv und mächtig wirkt seine Karosserie, was bei 4,79 m Länge und 1,93 m Breite schon kein Wunder ist. Den Turbo-Cayenne, das Top-Modell, erkennt man an der Front mit den großflächigen Lufteinlässen für dem erhöhten Kühlluftbedarf des aufgeladenen Achtzylinders und der Motorhaube mit so genannten „Powerdomes“, die den Wagen noch eine Spur massiger, um nicht zu sagen aggressiver wirken lassen. Am Heck entsorgen zwei Doppel-Endrohre aus Edelstahl die Turbo-Abgase. Wie viel Sportwagen steckt unter dieser fast schon bulligen Optik? Ein Test mit einem Cayenne Turbo mit 450 PS in der Lackierung Carmonarot Metallic schuf Klarheit.

 

Der Zugang zu dem hochbeinigen Gefährt ist gut. Ein großzügiges Platzangebot erwartet die Passagiere vorne wie hinten. Straff sind die lederbezogenen Sitze in beiden Reihen. Die elektrisch einstellbaren Komfortsitze vorne (mit 12-Wege-Verstellung inkl. Lendenwirbelstütze und Memory-Funktion) bieten guten Seitenhalt, hinten sind zumindest die Außenplätze gut konturiert für ausreichenden Seitenhalt. Die Übersicht ist trotz der hohen Sitzposition nicht unbedingt berauschend, aber der beim Turbo serienmäßige Parkassistent hilft vorne wie hinten weiter.

Der Laderaum ist gut nutzbar und fasst 540 Liter Gepäck. Auf normaler Fahrzeughöhe ist er über eine Ladekante von etwa 71 cm zu erreichen. Auf Beladungsniveau abgesenkt (die Luftfederung macht’s möglich) liegt die Ladekante nur noch gute 65 cm über dem Boden. Eine asymmetrisch geteilt umklappbare Fondsitzlehne ermöglicht das Erweitern des Gepäckabteils auf bis zu 1.770 Liter. Die maximale Zuladung für Beifahrer und Gepäck liegt bei 650 kg. Das Fenster in der Heckklappe geht separat zu öffnen, um Kleinkram in den Laderaum zu legen. Ausgelegt ist der Cayenne für den Anhängerbetrieb bis 3,5 Tonnen.

Der Innenraum ist hochwertig und vom Feinsten ausgestattet, mit viel Leder und sehr gut verarbeitet. Trotz vieler Funktionen wirkt das Cockpit aber nicht überladen, ist Einsicht und Bedienung von Schaltern und Anzeigen immer noch problemlos möglich. Das Zündschloss links vom Lenkrad ist Porsche-typisch, allerdings für einen Umsteiger etwas gewöhnungsbedürftig. Ablagen finden die Passagiere im Handschuhfach, in allen Türen, in den Armlehnen vorne (2) und hinten (1), an den Rückseiten der Vordersitzlehnen sowie unter dem Fondgebläse am Mitteltunnel. Vor der Armlehne auf den Mitteltunnel ist ein Fach mit zwei Getränkedosenhaltern. Entfernt man diesen Einsatz, steht ein rechteckiges Fach zur Verfügung. Ein Brillenfach über dem Innenspiegel rundet die Ablagen-Ausstattung ab.

Ab der Basisversion kommt der Cayenne serienmäßig mit all den kleinen Annehmlichkeiten des Autofahrerlebens. Dazu zählen die funkfernbediente Zentralverriegelung, elektrische Fensterheber vorne und hinten, elektrisch einstellbare, anklappbare und beheizbare Außenspiegel, Bordcomputer, ein CD-Radio-Audiosystem, Klimaanlage, elektrisch einstellbare 12-Wege-Vordersitze und getönte Wärmeschutzverglasung rundum mit Graukeil in der Windschutzscheibe. Die 2-Zonen-Klimaautomatik ist ab dem Cayenne S Serie. Die Turbo-Version verfügt zusätzlich serienmäßig unter anderem über Sitzheizungen vorne und hinten inklusive Lenkradheizung, Parkassistent vorne und hinten, die Geschwindigkeitsregelanlage Tempostat, Komfortsitze vorne mit 12-Wege-Verstellung und Memory-Funktion, zusätzliche Lederausstattung in Cockpit und Türverkleidungen sowie einen mit Alcantara bezogenen Dachhimmel, Bi-Xenon-Scheinwerfer mit Abbiegelicht, das Porsche Communication Management (PCM) inklusive CD-Radio, DVD-Navigationssystem und Bordcomputer mit erweiterten Funktionen sowie ein Bose-Sound-System mit 350 W Gesamtleistung, Subwoofer und 14 Lautsprechern und ein Kombiinstrument mit 5-Zoll-Farbbildschirm – und sogar die Metallic-Lackierung kostet hier nichts extra. Gegen Aufpreis waren in unserem Testwagen ein elektrisches Schiebe-/Hubdach aus Glas, ein CD-Wechsler, die geschwindigkeitsabhängige Servolenkung Servotronic, die 19-Zoll-Leichtmetallräder Cayenne Design, das Licht-Komfort-Paket, ein Drei-Speichen-Multifunktionslenkrad mit Lenkradkranz in Leder sowie eine Kompassanzeige im Kombiinstrument und das Telefonmodul für das PCM mit schnurgebundenem Hörer vorhanden. Eine Vorrüstung für die Anhängerzugvorrichtung ist ab der Basisversion serienmäßig dabei, die Anhängerkupplung selber ist optional verfügbar.

 

Angetrieben wird der Top-Cayenne von einem 4,5-Liter-Achtzylinder-Triebwerk mit kontinuierlicher Nockenwellenverstellung VarioCam und zwei parallel angeordneten Abgasturboladern (also genau genommen ein BiTurbo) mit stattlichen 450 PS. Ein baugleicher 4,5-Liter-Saugmotor mit 340 PS sowie ein Volkswagen-3,2-Liter-Sechszylinder, der von Porsche ein wenig optimiert 250 PS leistet (bei VW sind es „nur“ 220 PS), komplettieren das Antriebsprogramm.

Kraft satt verspricht der Turbo-Achtzylinder in allen Lebenslagen, dafür sorgt ein maximales Drehmoment von 620 Nm, das zwischen 2.250 und 4.750 Touren kontinuierlich anliegt. Ab kurz über der Leerlaufdrehzahl liegen bereits 320 Nm an. Das reicht für einen spritzigen Antritt, dem man einem Geländewagen gar nicht zutraut – noch weniger, wenn man um seine fast 2,5 t Leergewicht weiß. Auch in punkto Durchzugsvermögen und Leistungsentfaltung ist der Turbo-Cayenne mehr als souverän. Dabei läuft der Motor ruhig und vibrationsarm, lediglich beim kräftigen Tritt auf Gas hört man das Aufheulen beim Einsatz der beiden Turbolader als verheißungsvolle Hintergrundmusik.

Der Turbo-Cayenne ist nur mit der Sechsgang-Automatik Tiptronic S verfügbar. Die Tiptronic S ist hervorragend abgestuft und schaltet zügig, sauber und kaum spürbar hoch und runter. Da braucht man eigentlich die manuelle Schaltoption (über Tasten am Lenkrad oder den Schalthebel) nicht. Auch dank der knackig kurzen Getriebeübersetzung in den ersten vier Gängen ist der Cayenne zügig unterwegs, was allerdings auch für reichlichen Spritfluss in den Brennräumen sorgt. Die Gänge Fünf und Sechs sind länger ausgelegt, um dem Spritkonsum ein wenig Einhalt zu gebieten. Zur Serienausstattung gehört beim Turbo die Geschwindigkeitsregelanlage Tempostat. Ein absolutes Muss, denn man merkt seine Geschwindigkeit kaum und beim Tritt aufs Gas läuft der Wagen halt einfach nur los, was auf Strecken mit Tempolimits sehr schnell den Führerschein kosten kann …

In sagenhaften 5,6 Sekunden spurtet der Cayenne aus dem Stand auf Tempo 100. Hier offenbart sich der Sportwagen, wobei die Leistung umso beeindruckender ist bei der Masse, die hier bewegt wird. Seine Höchstgeschwindigkeit erreicht der Cayenne Turbo bei 266 km/h. Die schwere Karosserie und ein Achtzylinder-Biturbo sind nicht gerade für einen bescheidenen Verbrauch zu haben: Reichliche 21,9 Liter Super Plus genehmigt sich der Cayenne Turbo auf 100 km Stadtverkehr, 11,9 Liter außerorts und 15,7 Liter im gemischten Verbrauch nach EU-Norm – bei ökonomischer Fahrweise versteht sich (alles Herstellerangaben). Der Motor erfüllt die Abgasnorm EU 4.

 

Den permanenten Allradantrieb brauchte Porsche für seinen sportlichen Geländegänger ja nicht neu erfinden, aber die Anforderungen eines SUV gehen doch über die reiner Sportwagen weit hinaus. Porsche Traction Management (PTM) heißt die im Cayenne eingesetzte neue Variante des permanenten Allradantriebs mit variabler Grundverteilung, die im Normal-Modus im Verhältnis 62:38 auf Hinter- und Vorderachse verteilt wird. Je nach Bedarf können bis zu 100 Prozent auf eine Achse geleitet werden. Darüber hinaus schließt das PTM eine elektronisch geregelte Längssperre, ein Reduktionsgetriebe für die Geländeuntersetzung, ein automatisches Bremsendifferential (ABD) und die Antriebsschlupfregelung (ASR) mit ein.

Mit seinen fast 2,86 m Radstand glänzt der Cayenne mit einem tadellosen Geradeauslauf. Satt und breitbeinig liegt er auf der Straße. Die Lenkung ist sehr direkt ausgelegt. Guten Fahrbahnkontakt und eine exzellente Straßenlage garantiert das Luftfeder-Fahrwerk. Serienmäßig steht der Turbo-Cayenne auf volltragenden Luftfederbeinen mit Niveauregulierung und Höhenverstellung inklusive Porsche Active Suspension Management (PASM) zur kontinuierlichen Regelung der Dämpfkraft, abhängig von Fahrbahnzustand und Fahrweise. Der Fahrer kann beim PASM auch von Hand die drei Komfort-Stufen – Komfort, Normal und Sport – oder sechs Fahrzeughöhenniveaus mit einer Bodenfreiheit zwischen 15,7 cm (Beladungsniveau) und 27,3 cm (Sondergeländeniveau) wählen. Zur Serienausstattung zählt zudem das Fahrstabilisierungs-System Porsche Stability Management (PSM) mit ABS, Antriebsschlupfregelung, ESP und Motor-Schleppmoment-Regelung (MSR). Bei zunehmender Geschwindigkeit wird das Fahrzeug automatisch abgesenkt, um maximalen Fahrspaß bei größter aktiver Sicherheit zu gewährleisten.

Ich wusste gar nicht, dass ein Geländewagen auf der Straße so spaßig zu fahren sein kann. Sehr agil bewegt sich der 2,5-Tonner auf der Straße, da glaubt man nicht, in welch riesigem Gefährt man sich voran bewegt. Trotz seiner Agilität ist sein Wendekreis eher bescheiden, was bei der Größe des Fahrzeugs aber nicht verwundert. Auch bei flotterem Tempo zieht der Cayenne in Kurven oder bei Ausweichmanövern sauber seine Spur, sicher und ohne tückische Lastwechselreaktionen. Auch bei höherem Tempo bleibt der Cayenne sicher beherrschbar, wobei der Grenzbereich hier eher von der hohen Karosserie bestimmt wird als vom Fahrwerk, welches entschieden mehr leisten könnte.

Die Luftfederung ermöglicht dem Fahrer mit der elektronischen Dämpferregelung PASM (Porsche Active Suspension Management) die Wahl zwischen drei Abstufungen, die alle auf ihre eigene Art eine gelungene Mischung aus Komfort und Sportlichkeit bieten: komfortabel, normal und sportlich. Aufbaubewegungen der Karosserie werden in allen drei Komfortstufen kontinuierlich und wirkungsvoll unterdrückt. In der sportlichen Abstimmung steht das Fahrzeug solider auf der Fahrbahn als im komfortablen Modus, wo der Wagen zu spürbar mehr Karosserieneigung bei eiliger Kurvenhatz neigt.

Der Cayenne Turbo trägt speziell entwickelte Leichtbau-Aluminiumräder. Serienmäßig sind  sie zugeschnitten auf 18 Zoll (Bereifung 255/55 R 18 Y – für bis zu 300 km/h), unser Testwagen  stand jedoch auf 19-Zoll-Rädern mit Reifen – oder sollte man besser sagen: Walzen – im Format 275/45 ZR 19. Die Reifen sind mit „ZR“ für Geschwindigkeiten über 240 km/h zugelassen.

Über jeden Zweifel erhaben ist die Bremsanlage des Cayenne mit innenbelüfteten Scheibenbremsen rundum, die in punkto Ansprechverhalten, Dosierbarkeit und Wirkung keine Wünsche offen lassen und natürlich Sportwagen-Ansprüchen voll genügen. Blitzschnell und spurtreu bringen sie den Cayenne bei einer Notbremsung zum Stand. Dass ein Porsche über groß dimensionierte Sportbremsen verfügt, ist klar. In der Basisversion arbeiten schon 17-Zoll-Aluminium-Monobloc-Festsattelbremsen (mit 330 mm Bremsscheiben) vorne und hinten, der Cayenne S und der Cayenne Turbo verfügen vorne sogar über 18-Zoll-Bremsen (350 mm Bremsscheiben). Die Bremssättel sind beim Turbo rot lackiert, bei den anderen Versionen schwarz oder silberfarben eloxiert. Die Feststellbremse wird mit dem Fuß betätigt und von Hand gelöst, einen Handbremshebel gibt es nicht.

Hohe Karosseriesteifigkeit garantiert der Einsatz hochfester und höchstfester Stähle. Die vollverzinkte Karosserie verfügt über einen im Aufbau integrierten zusätzlichen Sicherheitsrahmen, die vier Türen über integrierten Seitenaufprallschutz. Die Rückhaltesysteme umfassen Drei-Punkt-Gurte und Kopfstützen auf allen für Sitzplätzen, Front- und Seiten-Thorax-Airbags sowie im seitlichen Dachrahmen eingebaute Curtain-Airbags. An aktiven Fahrassistenzsystemen hat Porsche dem Cayenne Turbo alles mitgegeben, was in dieser Klasse üblich ist.

Für den Fall einer Reifenpanne gibt es Reifendichtmittel und Kompressor, ein vollwertiges Reserverad gibt es gegen Aufpreis. Serienmäßig gibt es die Bremsbelagverschleißüberwachung für jeden Belag, als Sonderausstattung auch eine Reifendruckkontrolle. Der Turbo kommt darüber hinaus serienmäßig (die anderen Versionen gegen Aufpreis) mit Bi-Xenon-Scheinwerfern mit dynamisch geregeltem Abbiegelicht.

 

Der Einsteiger-Cayenne mit 250 PS ist ab 48.984 Euro zu haben, das Top-Modell Cayenne Turbo steht ab 101.880 Euro in den Preislisten. Dafür ist im Top-Modell aber schon vieles Serie, was im Basis-Cayenne noch extra kostet. Zur Sonderausstattung in unserem Testwagen zählen unter anderem die 19-Zoll-Leichtmetallräder, die Servotronic, das Drei-Speichen-Multifunktions-Lederlenkrad, der CD-Wechsler und das Glas-Schiebe-/Hubdach.

Porsche gibt zwei Jahre Gewährleistung auf das Neufahrzeug, drei Jahre auf den Lack sowie zehn Jahre auf die Karosserie gegen Durchrostung sowie eine zweijährige Mobilitätsgarantie. Eine Service-Intervall-Anzeige weist auf die fällige Inspektion hin. Die Versicherungen stufen das Modell in die Typklassen 22 / 36 / 40 (KH / VK / TK – nach der neuen Struktur in der Fahrzeugversicherung: VK 31, TK 29) ein.

© Oktober 2004
Petra Grünendahl
, Fotos: grü / IN*TEAM

Über Petra Grünendahl

Erfahrener Journalist mit einem Gespür für Themen, Geschichten und Bilder, aber auch Inhalte und klare Worte. Mit fachübergreifender Denke, Redaktionsverantwortung und einem Blick für Zielgruppen. Generalist mit Special Interests (Fachjournalist), Kommunikationsexperte, Öffentlichkeitsarbeiter und Netzwerker.
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