Testbericht.
Mazda RX-8
Keine graue Maus
Von Petra Grünendahl
Eins muss man ihm lassen: Ein Blickfang ist er auch in diesem langweiligen Maus-, ähh Titangrau Metallic. Der fünfeckige Kühlergrill verrät den Mazda. Die 4,43 m lange Karosserie mit kurzen Überhängen vorne und hinten und der langen Motorhaube wirkt fast schon klassisch sportlich. Akzente setzt die muskulöse Front mit Motorhaube und Kotflügeln (vor allem in der Ansicht von oben) und das kräftige Heck. Mehr als gelungen ist die Kombination aus Rundungen, Linien und Kanten, die der Karosserie sportlich-markante Züge verleiht. Zum Test fuhr der RX-8 in der Top-Ausstattung Revolution mit der 231-PS-Topmotorisierung vor.
Zugang zum Passagierraum gewährt das Freestyle-Türsystem mit hinten angeschlagenen Fondtüren. Platz bietet der Sportwagen für vier Passagiere, die tiefe Sitzposition im Fond erschwert ein wenig den Einstieg. Der RX-8 ist eher für Japaner oder Italiener ;-)) gebaut: Die Kopffreiheit ist nicht gerade üppig. Dafür ist vorne wie hinten die Ellenbogenfreiheit großzügig bemessen, was der Tatsache zu verdanken ist, dass hier nur zwei Einzelsitze Passagiere aufnehmen. Vorne auf gut konturierten, straffen Sportsitzen reicht es auch für langbeinige Passagiere; hinten, auf zwei gut konturierten Einzelsitzen (Sportsitze), haben sie aber nur dann gute Kniefreiheit, wenn vorne keine großen Leute sitzen. Wobei die Sitze durchaus für nicht zu groß gewachsene Erwachsene und nicht nur für Kinder ausreichen. Der Laderaum ist zwar schön groß (immerhin 290 Liter), aber nicht wirklich gut nutzbar, weil die Einladeöffnung recht klein ist. Zudem ist die Ladekante sehr hoch. Die erlaubte Zuladung von 425 kg für Beifahrer und Gepäck ist mehr als in Ordnung. Die Übersicht über die Karosserie ist vom Fahrersitz aus nicht so berauschend, vor allem nach hinten nicht. Hier würde eine Einparkhilfe gute Dienste leisten.
Der Innenraum ist ganz in Schwarz gehalten: Lederpolster, Teppiche und Verkleidungen im Fußraum sowie die Türverkleidungen und das Armaturenbrett. Sportlich-funktional ist das Ambiente, hochwertig die Qualitätsanmutung. Über mangelnde Übersicht kann man sich beim Cockpit nicht beklagen. Alles ist aufgeräumt und übersichtlich, rund um die sportlichen Rundinstrumente, die Anzeigen klar einsehbar. Das erleichtert die Handhabung, ohne zu sehr abgelenkt zu werden. Die Geschwindigkeitsanzeige ist digital, mittig sticht die großdimensionierte Drehzahlanzeige ins Sportlerauge. Ablagen finden die Frontpassagiere in den Türen, im Handschuhfach, in einem kleinen Fächlein unterm Lenkrad, auf dem Mitteltunnel (unter der Armlehne) sowie in den Getränkedosenhaltern. Die Fondpassagiere müssen sich mit einer Kartentasche an der Rückseite des Fahrersitzes sowie einem Fach in der Mittelarmlehne (auf dem Mitteltunnel) und den beiden Getränkedosenhaltern begnügen. Zwischen den Rücksitzen gibt es eine abschließbare Durchreiche zum Gepäckraum.
Ab der Basisausstattung Renesis ist der RX-8 schon sehr gut ausgestattet mit funkfernbedienter Zentralverriegelung, elektrisch einstellbaren und beheizbaren Außenspiegeln, elektrischen Fensterhebern vorne und Ausstellfenstern hinten, wärmedämmender Colorverglasung, Sportsitzen mit integrierten Kopfstützen, Lenkradfernbedienung für das Audiosystem, Sport-Lederlenkrad und Lederschaltknauf, dem X-Sportfahrwerk mit 16-Zoll-Leichtmetallrädern, dem modularen Mazda-Audio-System mit Radio und vier Lautsprechern sowie einer Klimaanlage mit Luftausströmern im Fußraum hinten. Die serienmäßige zusätzliche Beleuchtung durch Bodenleuchten am Außenspiegel sowie in den Türen macht Ein- und Aussteigen in der Dunkelheit komfortabler und sicherer. Die Ausstattung Challenge verfügt darüber hinaus über eine Klimaautomatik, das SX-Sportfahrwerk mit 18-Zoll-Leichtmetallrädern sowie Nebelscheinwerfer. Der Topmotor bringt schon in der Challenge-Ausstattung Fußstütze und Pedalsatz in Leichtmetall, das Bose-Sound-System mit 6fach-CD-Wechsler und neun Lautsprechern sowie die Xenon-Scheinwerfer mit. Für die Top-Ausstattungslinie Revolution gehört schließlich die Sport-Lederausstattung mit elektrisch einstellbarem Fahrersitz und beheizbaren Frontsitzen zur Serienausstattung. Die Aufpreisliste ist kurz und schmerzlos. Unser Testwagen verfügte gerade mal über die Metallic-Lackierung. Extra kosten zudem für das 231-PS-Topmodell Revolution ein DVD-Navigationssystem sowie ein elektrisches Glasschiebedach.
Anstelle eines konventionellen Hubkolbenmotors wird der RX-8 angetrieben – ohne Zylinder, Ventile und Pleuel – von einem Wankel- oder Kreiskolbenmotor (auch Rotationskolbenmotor genannt). Diese Motorenkonstruktion hat Tradition bei Mazda: Seine Premiere feierte er 1967 im Cosmo Sport 110 S, mit dem er später (bis 1972) in die Serienproduktion ging (1.176 Exemplare). Der Nachfolger des Cosmo Sport 110 S, RX-7 (1978 – 2002), ist bis heute das weltweit meistverkaufte Auto mit Wankelmotor (811.634 Exemplare).
Wie schon der Name „Rotationskolbenmotor“ sagt, bestimmen dreieckige rotierende Kolben die Takte der Verbrennung in einem ovalen Gehäuse. Diese Motorenbauart hat dem deutschen Erfinder Felix Wankel seinen Platz in der Automobilgeschichte neben den großen Motoringenieuren Otto, Benz, Daimler, Maybach oder Diesel gesichert. Den wassergekühlten 2-Rotoren-Kreiskolbenmotor des RX-8 nennt Mazda Renesis-Motor (setzt sich zusammen aus der Abkürzung für Rotary Engine RE und der biblischen Schöpfungsgeschichte „Genesis“). Und da es sich um keinen Hubkolbenmotor handelt, gibt es auch keinen Hubraum. Das Kammervolumen der beiden Brennkammern, also: der Brennraum beträgt je 654 ccm. Das gilt sowohl für die 192-PS- als auch für die leistungsstärkere 231-PS-Variante. Beim Renesis-Motor handelt es sich um einen Zweischeiben-Rotationsmotor, der von der Laufruhe mit einem Sechszylinder-Hubkolbenmotor vergleichbar ist. Vorteil des Rotationskolbenmotors ist zudem sein niedriges Gewicht und die kompakte Größe, die einen Einbau hinter der Vorderachse ermöglicht.
Der Motor hängt gut am Gas und spricht umgehend auf zusätzliche Kraftstoffzufuhr an. Nicht nur im Leerlauf glänzt der Rotationskolbenmotor mit einem ruhigen und vibrationsfreien Lauf. Etwas gewöhnungsbedürftig ist des leicht heulende Geräusch beim Tritt aufs Gaspedal. Im Antritt der RX-8 ebenso eine gute Figur wie im Durchzug und der Leistungsentfaltung über das ganze relevante Drehzahlband. Der Motor ist auf viel Drehzahl ausgelegt. Der rote Bereich beginnt erst bei 9.000 Um/min. (rot gestrichelt ab 8.500 U/min.), die Skala reicht bis 10.000 U/min. Das maximale Drehmoment von 211 Nm liegt sportwagen-typisch erst spät, nämlich bei 5.500 U/min. an. Der Motor läuft insgesamt sehr hochtourig. Früh schalten ist nötig, um den Wagen in sparsamen Drehzahlregionen zu halten, aber dafür zieht er bei 50 km/h im 6. Gang immer noch sehr ordentlich. Und früh schalten hat keine zähe Beschleunigung zur Folge. Dem sportlichen Wagen fehlt allerdings der „Turbo-Wumm“ für den Extra-Stoß Adrenalin, aber er zieht souverän auch in niederen Drehzahlregionen, zerren doch bereits bei 1.500 Touren guten 150 Nm (bei 3.000 Touren sogar über 180 Nm) an den Antriebswellen, um den knapp 1,4 t schweren Sportwagen ordentlich auf Trab – oder eher Galopp? – zu bringen.
Der leistungsstärkere Motor kommt mit einem manuellen Sechsgang-Schaltgetriebe, das insgesamt kürzer abgestuft ist als das Fünfgang-Schaltgetriebe des schwächeren Motors. Der Schalthebel lässt sich knackig und präzise durch die kurzen Schaltgassen dirigieren und findet sicher sein Ziel. Die Gänge sind knackig kurz abgestuft und für sportlichen Vortrieb gut – mit entsprechenden Abstrichen bei der Kraftstoffökonomie. Nur mit dem langen Pedalweg der Kupplung muss man erst mal klar kommen.
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In nur 6,3 Sekunden beschleunigt der 231-PS-Japaner von Null auf die 100-km/h-Marke, die Höchstgeschwindigkeit liegt bei 235 km/h. Die 192-PS-Variante liegt bei 7,2 Sekunden für den Sprint und 232 km/h Spitze. Der Verbrauch ist im Vergleich zu einem Hubkolbenmotor höher, innerorts kann man ihn sogar als unanständig bezeichnen. Nein, gut, ein Sportwagen gehört ja auch auf die Straße – Landstraße oder Autobahn – und nicht in die Stadt. Vor allem im Stadtverkehr sollte man also auf niedrige Drehzahlen achten und frühzeitig höher schalten. Innerorts fließen reichliche 15,8 Liter Superbenzin fließen auf 100 km durch die Brennräume, 8,9 Liter sind es außerorts und 11,4 Liter im gemischten Verbrauch nach EU-Norm – bei ökonomischer Fahrweise, versteht sich. Der schwächere Motor „begnügt“ sich mit 15,1, 8,3 bzw. 10,8 Litern (alles Herstellerangaben). Der Motor erfüllt die Abgasnorm EU4.
Die Platzierung von Motor (hinter der Vorderachse) und Antriebsstrang (an der Hinterachse) ermöglicht eine 50:50-Gewichtsverteilung auf die beiden Achsen. Frontmittelmotor und der niedrige Karosserieschwerpunkt tragen zur unbestritten sportlichen Fahrdynamik des Japaners bei. Der Antrieb geht über die Hinterräder auf den Asphalt. Die stämmige Karosserie glänzt mit hervorragendem Geradeauslauf. Die Lenkung ist sehr direkt ausgelegt, wodurch sich die Fahrdynamik bis zum ultimativen Fahrspaß ausreizen lässt.
Das Fahrwerk mit Doppelquerlenkerachse vorne und Mehrlenkerachse hinten ist in seiner Feder-Dämpfer-Kennlinie sportlich-straff abgestimmt. Dennoch bügelt es Bodenwellen ohne Probleme glatt und ist insgesamt nicht unkomfortabel geraten. Fahrwerk und Lenkung geben gute Rückmeldung von der Fahrbahn. Auf trockenem Asphalt ist der RX-8 in jeder Fahrsituation problemlos zu handhaben – innerhalb der Grenzen der Fahrphysik, versteht sich. Auf nasser Fahrbahn kann es bei der Verbindung von Breitreifen und Heckantrieb schon mal rund gehen, auch wenn es nur um die Kurve gehen soll. Hier wird ein Übersteuern spürbar, welches auf trockener Straße kaum ins Gewicht fällt. Problemlos und neutral bewegt er sich unter Idealbedingungen auf dem Asphalt: Agil und leichtfüßig meistert er plötzliche Ausweichmanöver und fährt sauber in die alte Spur zurück. Den flotten Slalom absolviert er sauber und problemlos. Auf trockener Straße muss das ESP (heißt hier DSC) nur selten eingreifen, da der Grenzbereich erst sehr hoch angesiedelt ist, aber gerade in nassen Kurven ist zu Recht ein beherzteres Regeln der Elektronik angesagt.
Der RX-8 steht nur in der Basisversion Renesis mit dem 192-PS-Motor auf 16-Zoll-Rädern, alle anderen Versionen sind mit 225/45er Reifen auf 18-Zoll-Leichtmetallern ausgestattet. So gut die breiten Reifen für Traktion und Seitenführung auf trockener Fahrbahn sind, so nachteilig wirken sie sich bei nasser Straße in Kurven vor allem in Verbindung mit dem Heckantrieb aus: Hier will der Gasfuß dann mit viel Gefühl geführt werden. Die Bremsanlage mit groß dimensionierten Scheibenbremsen (rundum innenbelüftet), ABS und Elektronischer Bremskraftverteilung spricht sehr gut an, verzögert gut dosierbar und im Notfall sehr wirkungsvoll und auf den Punkt.
Sicherheit bieten unter anderem ein hochstabiler Zentralträgerrahmen mit definierten, Aufprallenergie ableitenden Karosseriestrukturen, eine Sicherheitsfahrgastzelle und der stabile Mitteltunnel. Ringförmige Verstärkungen der Türöffnungen auf beiden Seiten sowie senkrechte Stahlprofile in den hinteren Türen ersetzen die Verstärkungen, die konventionell die B-Säulen leisten. Drei-Punkt-Gurte und Kopfstützen auf allen vier Sitzplätzen, zweistufige Frontairbags, Seitenairbags vorne sowie Kopf-Schulter-Airbags vorne und hinten und Isofix-Kindersitzhalterungen im Fond schützen die Insassen serienmäßig im Falle eines Crashs. An aktiven Hilfen hat Mazda dem RX-8 fast alles mitgegeben, was heutzutage Standard ist: ABS mit Elektronischer Bremskraftverteilung EBD, die Dynamische Stabilitätskontrolle DSC (ist nichts anderes als ESP) mit Traktionskontrolle TCS und Sperrdifferenzial. Ein Mobilitätskit mit Kompressor und Reifendichtmittel ersetzt das Reserverad. Zur Serienausstattung zählt auch die Alarmanlage mit Innenraumüberwachung.
Ab 26.900 Euro steht der RX-8 in den Preislisten der Händler – in der Basisausstattung und dem „kleinen“ Motor mit 192 PS. Die Top-Ausstattung Revolution ist mit 192-PS-Motor zu Preisen ab 29.300 Euro zu haben, mit 231 PS ab 33.500 Euro. Bei der Topmotorisierung ist die Serienausstattung besonders reichhaltig. Aufpreis kosten lediglich die Metallic-Lackierung, ein elektrisches Glasschiebedach sowie ein DVD-Navigationssystem (letzteres beides hier nicht vorhanden).
Mazda gibt drei Jahre (bis max. 100.000 km) Garantie auf den Neuwagen, 3 Jahre auf den Lack und zwölf Jahre auf die Karosserie gegen Durchrostung. Anschlussgarantien für das vierte und fünfte Jahr sind gegen Aufpreis möglich. Der Mazda Europa Service (Mobilitätsgarantie) gilt ein Fahrzeugleben lang in über 30 Ländern Europas beim Einhalten der Serviceintervalle. Zum Service muss der RX-8 alle 20.000 km oder einmal im Jahr. Die Versicherungen stufen das Modell in die Typklassen 22 / 26 / 37 (KH / VK / TK – nach der neuen Struktur in der Fahrzeugversicherung: VK 25, TK 27) ein.
© Mai 2005
Petra Grünendahl, Fotos: grü / IN*TEAM