Fahrbericht
Honda NSX 3.2
Fahrmaschine mit dem Charme der 80er Jahre
Von Petra Grünendahl
Nach 15-jähriger Bauzeit hat Honda die Produktion seines Mittelmotor-Sportwagens NSX für den europäischen Markt im September 2005 eingestellt. An einem Nachfolger arbeiten die Japaner bereits, er soll in gut drei Jahren auf den Markt kommen und wird von einem V10-Aggregat angetrieben.
Der weitgehend in Handarbeit in einer eigens errichteten Spezialfabrik produzierte NSX stand zuletzt in zwei Motorisierungen beim Händler: mit 3,2-Liter-Sechszylinder, manuellem Sechsgang-Schaltgetriebe und 280 PS sowie mit einem 3-Liter-Sechxzylinder, Viergang-Automatik und 255 PS. Zudem gibt es eine geschlossen Version und einen Targa, die mit beiden Motoren kombinierbar sind. Von der Optik wirkt er ein bisschen wie ein Relikt aus den Achtziger Jahren des letzten Jahrtausends, das ist die Zeit, in der er entwickelt und gestaltet wurde. Altbacken wirkt er aber deshalb noch lange nicht. Ob er auch im Jahr 2006 noch den Anforderungen anspruchvoller gewordener Autofahrer genügt, zeigte eine Ausfahrt im NSX 3.2 V6.
Die beiden Passagieren finden guten Zugang zum Innenraum. Bei 4,43 m Karosserielänge lässt die Übersicht ein wenig zu wünschen übrig. Das Platzangebot ist zumindest für die Passagiere großzügig, der Kofferraum ist mit 145 Litern etwas knapp bemessen. Allerdings ist er völlig ausreichend für die erlaubte maximale Zuladung, die für Beifahrer und Gepäck je nach Ausstattung bei 130 bis 165 kg liegt.
Die Lederausstattung im Innenraum wirkt hochwertig und ist gut verarbeitet. Ein bisschen verbreitet das Cockpit den leicht angestaubten Charme der Achtziger Jahre. Nichtsdestotrotz ist es übersichtlich gestaltet und leicht in der Handhabung. Die straffen Sportsitze sind elektrisch einstellbar und bieten guten Seitenhalt.
Die Ausstattung umfasst serienmäßig all die heutzutage üblichen kleinen Annehmlichkeiten des Autofahrerlebens von der funkfernbedienten Zentralverriegelung, elektrischen Fensterhebern, elektrisch einstellbaren Außenspiegeln und 17-Zoll-Leichtmetallrädern bis hin zum Radio mit Cassettenspieler, Bose-Sound-System und CD-Wechsler sowie Tempomat und Klimaautomatik. Zwar gibt es nur einen Spiegel in der Beifahrer-Sonnenblende (heutzutage üblich ist auch einer in der Fahrer-Sonnenblende), aber dafür stecken die Frontscheinwerfer unter einer Klarglasabdeckung, was wiederum ganz up-to-date ist.
Der V6-Motor schöpft 280 PS aus 3,2 Litern Hubraum. Er hängt gut am Gas und dreht sehr freudig hoch, läuft dabei aber weitgehend ruhig und kultiviert. Sein maximales Drehmoment von 298 Nm liegt erst sehr spät, nämlich bei 5.300 U/min. an. Dennoch lässt es der Motor auch bei weniger Drehzahl nicht an Spritzigkeit mangeln. Antritt und Durchzugsvermögen sind beeindruckend, die Leistungsentfaltung lässt über das ganze relevante Drehzahlbank nur wenig zu wünschen übrig, die sportlichen Ambitionen werden mehr als deutlich. Das manuelle Sechsgang-Schaltgetriebe glänzt mit knackig kurzen Schaltwegen und präziser Hebelführung. Es ist allerdings sehr lang abgestuft, um die Trinkmanieren des Sportwagens in halbwegs erträglichen Grenzen zu halten.
In nur 5,7 Sekunden beschleunigt das NSX Coupé aus dem Stand auf 100 km/h, bei der Tempomarke 270 erreicht er seine Höchstgeschwindigkeit. Trotz der ökonomischen Getriebeauslegung verbraucht der NSX mit seinem Sechszylinder-Motor locker 17,9 Liter Superbenzin auf 100 km Stadtverkehr, 9,1 Liter außerorts und 12,4 Liter im gemischten Verbrauch nach EU-Norm, wenn man den Gasfuß ökonomisch einsetzt (alles Herstellerangaben). Der Motor erfüllt nur die Abgasnorm EU3.
Dank Mittelmotorkonstruktion und Hinterachsantrieb glänzt der NSX mit einer sportlichen Fahrdynamik vom Feinsten. Satt liegt der japanische Sportwagen auf der Straße, am Geradeauslauf gibt es trotz der breiten Reifen wenig auszusetzen. Die eher direkt ausgelegte Lenkung giert förmlich nach kurvigen Pisten, die der NSX für seine Größe (immerhin 4,43 m Karosserielänge) erstaunlich agil meistert. Der Grenzbereich ist sehr hoch angesiedelt. Auch bei flotter Fahrt nimmt zielsicher jede Biegung. Die Annäherung an den Grenzbereich kündigt sich durch leicht beherrschbares Untersteuern an, welches beim Überschreiten der Grenze von einem Ausbrechen des Hecks abgelöst wird. Die sportlich-straffe Federung lässt eher geringeren Fahrkomfort übrig, was man aber von einem Sportwagen durchaus erwartet.
Mit seinen fast 1,5 t Leergewicht ist der NSX kein Leichtgewicht. Allerdings merkt man ihm das beim Fahren nicht an. Agil und fast schon leichtfüßig meistert er kurvige Pisten. Dabei gibt er dem Fahrer ausreichend Rückmeldung über die Beschaffenheit der Fahrbahn. Insgesamt sicher ist sein Fahrverhalten, dabei vermittelt er aber auch jede Menge Fahrspaß. Serienmäßig steht er auf 17-Zoll-Aluminiumrädern mit 215/40er Reifen vorne und 255/40er Reifen hinten. Die groß dimensionierten Scheibenbremsen rundum (vorne innenbelüftet) verzögern vorbildlich.
Der passiven Sicherheit dienen die damals weltweit erste selbsttragende Aluminiumkarosserie, Seitenaufprallschutz, Drei-Punkt-Sicherheitsgurte, Kopfstützen sowie Frontairbags für Fahrer und Beifahrer. Seitenairbags oder gar Windowbags gibt es nicht. Die aktiven Helferlein umfassen Servolenkung, ABS, eine Traktionskokontrolle (TCS) und Sperrdifferenziale mit begrenztem Schlupf (LSD). ESP oder einen Bremsassistenten sucht man vergebens. Eine Alarmanlage gehört hingegen zur Serienausstattung.
Am Ende seiner Produktion war der NSX zu Preisen ab 93.000 Euro zu haben. An Garantien gewährt Honda 3 Jahre auf den Neuwagen (bis 100.000 km), drei Jahre auf den Lack sowie sechs Jahre auf die Karosserie gegen Durchrostung. Inspektion und Ölwechsel sind alle 20.000 km fällig (oder einmal im Jahr). Die Versicherungen stufen das Modell in die Typklassen 23 / 40 / 40 (KH / VK / TK – nach der neuen Struktur in der Fahrzeugversicherung: VK 34, TK 32) ein.
© März 2006
Petra Grünendahl, Fotos: grü / Honda (1)