Ford Focus II ST

Testbericht.
Ford Focus 2 ST
Ganz und gar nicht auf leisen Sohlen
Von Petra Grünendahl

 

Schon die exklusive ST-Farbe Electric Orange ist ein Blickfang. Darunter kommen die optischen Zutaten des Focus ST besonders gut zur Geltung. Der brave Focus verwandelt sich in einen stämmigen, muskulösen Flitzer, der dennoch in keinster Weise dick aufträgt. Denn mit 220 PS hat er auch ganz gehörig was unter der Motorhaube. Was kann dieser Bolide im Alltag, fragten wir uns.

 

Alltagstauglich ist auf jeden Fall der Zugang zum Passagierraum. Vier Türen gewähren Zutritt zu straffen Recaro-Sportsitzen vorne und einer Recaro-Rückbank mit zwei sportlich ausgeformten Sitzplätzen. Außer als Fünftürer ist der Focus ST auch als Dreitürer zu haben. Hier sind die vorderen Türen etwas breiter geschnitten, um den Fondpassagieren den Einstieg zu erleichtern. Neben der nötigen Kniefreiheit garantiert die zweisitzige Rückbank auch in beiden Reihen großzügige Ellenbogenfreiheit. Mit dem serienmäßigen Reifen-Reparatur-Set fasst der Laderaum großzügige 385 Liter, mit Notrad nur 282 Liter. Leider haben die Kölner hier (im Gegensatz zum Mondeo ST) den Kombi nicht im Angebot. Die Rücksitzbank (und Lehne) sind asymmetrisch geteilt umklappbar, wodurch sich der Laderaum bis hinter die Vordersitze verlängern lässt. Dachhoch fasst das Ladeabteil dann zwischen 1.144 und 1.247 Liter. Maximal zuladbar sind beim Fünftürer 453 kg – mit dem serienmäßigen Reifen-Reparatur-Set, mit Notrad sind es weniger.

Die Übersicht nach vorne ist ja ganz in Ordnung, nach hinten hilft der optionale Parkassistent weiter. Die Verarbeitung ist gut, die Materialanmutung auch, die Gestaltung des Cockpits und der Instrumente ist eher sportlich funktional – passend, kann man nur sagen. Charakteristisch für den ST-Innenraum sind außer den Sportsitzen Lederlenkrad, Lederschaltknauf und Handbremsgriff im ST-Design, das Dekor im Alulook sowie Pedale mit Aluauflagen. Mittig auf dem Armaturenbrett sind zusätzliche Rundanzeigen (für Ladedruck, Öltemperatur und Öldruck) platziert. In punkto Bedienkomfort und Nutzbarkeit gibt das Cockpit keinerlei  Rätsel auf: alles befindet sich dort, wo es hingehört. Lediglich das Display des Navigationssystems sitzt etwas zu tief.

Schon ab Werk ist die Top-Version der Focus-Baureihe reichhaltig ausgestattet mit  einer funkfernbedienten Zentralverriegelung, elektrisch einstellbaren Außenspiegeln, elektrischen Fensterhebern vorne, Bordcomputer, Klimaanlage, Regensensor und Lichtassistent, einer Doppelrohr-Auspuffanlage sowie 18-Zoll-Leichtmetallrädern im ST-Design und natürlich dem ST-Sportfahrwerk. Aufpreis kosten das Schiebedach, elektrische Fensterheber vorne und hinten mit Umfeldbeleuchtung in den Außenspiegeln, die beheizbare Frontscheibe, eine Zwei-Zonen-Klimaautomatik, die beheizbaren Frontsitze und die Recaro-Rücksitzbank, Sonnenschutzrollos für die hinteren Seitentüren, Bi-Xenon-Scheinwerfer sowie der Parkpilot hinten und ein DVD-Navigationssystem.

 

Angetrieben im wahrsten Sinne des Wortes wird der Focus ST von einem  Reihen-Fünfzylinder mit je vier Ventilen pro Zylinder. Muntere 220 Vollblüter arbeiten unter der Motorhaube, 320 Nm machen sich zwischen 1.600 und 4.000 U/min. über die Antriebswellen her. Da wird der von Haus aus ja eher brave Focus zum Tier, dass mit mehr als nur souveränem Durchzugsvermögen vorzugsweise auf Autobahnen räubert. Hier kommt seine Kraft am besten zur Geltung, auch wenn das hervorragende Fahrwerk (und je nach Gemütslage auch der Fahrer) mit etwas weniger Temporausch die Kurvenräuberei bevorzugt. Ruhig und vibrationsarm verrichtet das Triebwerk seine Arbeit. Bei gelassener Fortbewegung wirkt er ruhig im Hintergrund.

Erst der ordentlich Tritt aufs Gaspedal entlockt dem Motor ein sonores Fauchen, dann dreht auch die Druckanzeige des Turboladers kräftig hoch. Gierig nimmt das Triebwerk Gas an und dreht freudig hoch. Sehr ordentlich ist der Antritt aber auch, wenn man die gelassene Fortbewegung bevorzugt und nicht beim Gas geben das Einsetzen des Turboladers provoziert, hervorragend das Durchzugsvermögen auch ohne die Möglichkeiten auszureizen. Die serienmäßige Sechsgang-Schaltung mit knackig-kurzen Schaltwegen glänzt mit präziser Hebelführung. Da würde man gerne viel häufiger schalten, muss man aber nicht, da der Motor mehr als genug Reserven bietet, sich auch schaltfaul im Stadtverkehr zu bewegen.

Aus dem Stand braucht er 6,8 Sekunden für den Sprint auf Tempo 100, bei 241 km/h erreicht er seine Spitzengeschwindigkeit. Der Verbrauch ist hier mehr als bei schlichteren Autos abhängig von der Fahrweise. Bei ökonomischer Fahrweise konsumiert er 13,8 Liter Superbenzin je 100 km in der Stadt, 6,8 Liter außerorts und 9,3 Liter im gemischten Verbrauch nach EU-Norm (alles Herstellerangaben). Bei allzu ungestümem Umgang mit dem Gaspedal sieht man allerdings auch außerorts mitunter die Tanknadeln wandern … Das kostet zwar eine Menge Sprit, macht dafür aber einen Heidenspaß! Und auf das Geld darf man bei so einem Auto ohnehin nicht gucken (müssen). Der Motor erfüllt die Abgasnorm EU4.

 

Der Fronttriebler glänzt mit einer satten Straßenlage und einem guten Geradeauslauf. Die Lenkung ist herrlich direkt ausgelegt, spricht sehr schnell und auch um die Mittellage herum sehr gut an. Das Fahrwerk ist für den ST tiefer gelegt und neu abgestimmt worden. Eine zusätzliche Domstrebe vorne sorgt für mehr Verwindungssteifigkeit. Sportlich-straff ist die Federung, bietet aber immer noch ausreichenden Fahrkomfort.

Hervorragend ist der Fahrbahnkontakt, agil und dynamisch sein Fahrverhalten. Problemlos und weitgehend neutral gibt er sich im Handling. Spurtreu und präzise folgt er den Lenkbefehlen des Fahrers auch in flott gefahrenen Kurven, erst spät kündigt ein minimales Untersteuern den nahenden Grenzbereich an. Bravourös meistert der Focus ST plötzliche Ausweichmanöver, sauber und beinahe leichtfüßig ist seine Linienführung im Slalom. Die breiten 225/40er Gummis saugen sich förmlich fest auf dem Asphalt. Traktionsprobleme kennen sie nicht. Die Seitenführung ist brillant, seine Agilität spricht Bände, keine Spur von „ich kann vor Kraft kaum laufen“. So macht Auto fahren Spaß! Die Scheibenbremsen rundum (nur vorne innenbelüftet) verzögern im Notfall kurz und schmerzlos.

Für die Sicherheit der Insassen sorgen eine computeroptimierte Stahlkarosserie mit hochfesten Stählen und Tailored Blanks, eine starre Fahrgastzelle, Energie absorbierende Knautschzonen vorne und hinten, Seitenaufprallschutz, Kopfstützen und Drei-Punkt-Gurte auf allen (hier vier) Sitzplätzen (die fünfte Kopfstütze kostet allerdings beim Dreitürer Aufpreis), Front- und Seitenairbags vorne, Kopf-Schulter-Airbags vorne und hinten, Sicherheitslenksäule und -Pedalerie sowie Kindersitzbefestigungspunkte auf der Rückbank. Isofix-Kindersitzhalterungen gibt es zwar nur als Nachrüstsatz beim Händler, dafür aber ohne Aufpreis. Fünf Sterne gab es für den Insassenschutz im Focus beim EuroNCAP. An aktiven Helfern hat der Kölner alles, was in dieser Klasse üblich ist, von ABS, Bremskraftverstärker, elektronischer Bremskraftverteilung und Bremsassistent bis hin zum ESP. Bei einem platten Reifen hilft das serienmäßige Reifen-Reparatur-Set, auf Wunsch (und gegen Aufpreis) ist ein Notrad möglich, welches aber wiederum das Laderaumvolumen deutlich einschränkt.

 

Der Einstieg in die Focus-Welt gelingt relativ bescheiden bei 14.600 Euro. Für die sportliche Spitze der Baureihe werden ab 24.500 Euro für den Dreitürer und ab 25.300 Euro für den Fünftürer fällig. Aufpreis kosten die Lackierungen Colorado Rot, Metallic-Lackierungen und insbesondere die exklusive ST-Lackierung Electric Orange sowie verschiedene andere Features.

Ford gibt zwei Jahre gesetzliche Sachmängelhaftung mit Ford-Partner-Garantie, zwei Jahre Ford Assistance (Mobilitätsgarantie) sowie zwölf Jahre Garantie gegen Durchrostung. Gegen Aufpreis können diese Garantieleistungen verlängert werden (FordProtect Garantie-Schutzbriefe). Zum Ölwechsel muss der Focus ST alle 20.000 km oder einmal im Jahr, zur Inspektion alle 60.000 km oder alle zwei Jahre. Die Versicherungen stufen das Modell in die Typklassen 19 / 24 / 25 (KH / VK / TK – nach der neuen Struktur in der Fahrzeugversicherung) ein.

© September 2006
Petra Grünendahl
, Fotos: grü / IN*TEAM

Über Petra Grünendahl

Erfahrener Journalist mit einem Gespür für Themen, Geschichten und Bilder, aber auch Inhalte und klare Worte. Mit fachübergreifender Denke, Redaktionsverantwortung und einem Blick für Zielgruppen. Generalist mit Special Interests (Fachjournalist), Kommunikationsexperte, Öffentlichkeitsarbeiter und Netzwerker.
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