Fahrbericht.
Jaguar XF 3.0 V6D S
Jaguar wetzt die Krallen in der oberen Mittelklasse
Von Petra Grünendahl
Markant ist die Front mit dem klassischen chromumrandeten Kühlergrill, groß dimensionierten Lufteinlässen und bis in die vorderen Kotflügel reichende einteilige Klarglas-Scheinwerfergehäuse. Je zwei Leuchteinsätze für Standlicht und Abblendlicht deuten ein Vieraugen-Gesicht an. Von der Seite sind die Linien des Jaguar XF fließend und fast coupé-haft, schnittig und zeitlos elegant. Er wurde auf Basis des XK entwickelt, Bodengruppe, Fahrwerk, Antrieb und zahlreiche weitere Komponenten hat er vom Sportcoupé übernommen. Wettbewerber sind die E-Klasse von Mercedes, der 5er BMW oder der Audi A6.
Mit dem XF präsentierte Jaguar auf der IAA 2007 einen Nachfolger für den S-Type, den wir zum Marktstart 1999 sowie 2004 mit einem neuen Dieselmotor gefahren sind. Zeitgleich zum Marktstart des XF im Frühjahr 2008 verkaufte Ford die Töchter Jaguar und Land Rover an den indischen Autohersteller Tata Motors, der hierzulande bis dato lediglich mit dem Billigauto Nano in den Schlagzeilen war. Der XF ist damit noch eine Entwicklung aus Zeiten unter Mutter Ford, der 3-Liter-Diesel unseres Testwagens Neuentwicklung der Jaguar-Ingenieure. Was er kann, zeigte eine erste Ausfahrt.
Seine 4,96 m Karosserielänge sieht man ihm nicht an, seine Wettbewerber überragt er damit aber mehr oder weniger deutlich. Vier Türen bieten guten Zugang zum Passagierraum. Bei der Übersicht nach hinten hilft die serienmäßige Einparkhilfe, optional gibt es ein Parkhilfe-Paket mit Einparkhilfe vorne und Rückfahrkamera. Das Platzangebot ist in beiden Reihen sehr komfortabel und großzügig. Bei einem Radstand von 2,90 m und einer Breite von fast 1,88 m haben wir nichts anderes erwartet. An Kofferraum hat der XF deutlich mehr zu bieten als der S-Type: 540 Liter sind es ohne Reserverad, 500 Liter mit. Durch Umklappen der Rücksitzlehnen lässt sich das Gepäckabteil noch um weitere 420 Liter erweitern.
Ausgesprochen hochwertig und mit bester Qualität ausgestattet ist der Innenraum: Wohlfühlambiente mit einer Verarbeitung von Feinsten! Trotz vieler Funktionen ist das Cockpit übersichtlich gestaltet. Das erleichtert die Bedienung. Ins Auge fallen dabei vor allem der rot pulsierende Startknopf und der mit der Zündung ausfahrende Regler für das Automatikgetriebe (Drive Selector). Den XF gibt es in vier Ausstattungslinien: Luxury, Premium Luxury, Portfolio und XFR. Die Top-Version XFR ist nur mit dem 5-Liter-Achtzylinder-Kompressormotor zu haben. Schon die Basisversion Luxury macht ihrem Namen alle Ehre. Sie umfasst all die netten Annehmlichkeiten des Autofahrerlebens wie eine funkfernbediente Zentralverriegelung, elektrisch einstellbare und beheizbare Außenspiegel, elektrische Fensterheber rundum, ein Multifunktions-Lederlenkrad, beheizbare und elektrisch verstellbare Ledersitze, Regensensor, Fahrlichtautomatik, Geschwindigkeitsregelung mit Tempo-Begrenzer, Zwei-Zonen-Klimaautomatik, Trip-Computer und Touch-Screen-Monitor, Bluetooth-Schnittstelle, Audioanlage sowie 18-Zoll-Leichtmetallräder (für die Dieselmotoren). Aufpreis kosten Features wie ein schlüsselloses Zugangs- und Startsystem (Smart Key System), eine adaptive Geschwindigkeitsregelung, ein Totwinkel-Warnsystem, Memory-Funktion für Fahrersitz, Außenspiegel und Lenkrad, Reifendruckkontrolle und ein elektrisches Glas-Hub-Schiebedach, Bi-Xenon-Scheinwerfer mit Abbiegelicht, CD-Wechsler und Navigationssystem sowie ein Parkhilfe-Paket.
Ein Jaguar muss schnurren wie ein Kätzchen, darf auch mal fauchen wie ein Raubtier. Aber Nageln und Brummen sind keine guten Manieren für die Rassekatze aus dem englischen Coventry. Lange war deshalb der Diesel tabu für die Traditionsmarke. Erst 2003 hielt der erste Selbstzünder Einzug in den Motorraum: Die Motoren im X-Type stammten von Mutter Ford. Eine Gemeinschaftsentwicklung von Ford und dem PSA-Konzern rundete 2004 die Motorenpalette im S-Type ab.
Der neue 3-Liter-Twin-Turbo-Dieselmotor im XF arbeitet mit einer Common-Rail-Einspritzung der dritten Generation. Der bei Jaguar entwickelt Motor ersetzt seit dem letzten Frühjahr den bisherigen, aus dem S-Type bekannten 2,7-Liter-Motor und ist in drei Leistungsstufen verfügbar: mit 211, 240 und 275 PS. Wir fuhren das stärkste Exemplar, die „S“-Ausführung. Der Motor nimmt sehr gut Gas an, der Turbo setzt früh ein und macht mächtig Druck. Sein maximales Drehmoment von 600 Nm liegt schon bei 2.000 U/min. an. Spontan ist er im Antritt, souverän im Vortrieb. Durchzugsvermögen und Leistungsentfaltung lassen ebenso wenig zu wünschen übrig wie die Laufkultur, die im Dieselsegment Maßstäbe setzt.
Serienmäßig verfügen die XF-Modelle über Sechsgang-Automatikgetriebe mit Schaltwippen am Lenkrad für eine sequentielle manuelle Schaltung. Das von ZF gelieferte Getriebe überzeugt sowohl im Automatikmodus als auch bei der manuellen Schaltung, die beinahe so schnell erfolgt wie beim Direktschaltgetriebe. Kaum spürbar sind die Schaltvorgänge, gut harmoniert die Getriebeübersetzung mit den Anforderungen der beiden Schaltmodi, sodass die manuelle Schaltoption eigentlich überflüssig ist.
In fast Sportwagen-verdächtigen 6,4 Sekunden beschleunigt der XF aus dem Stand auf 100 km, bei einer Höchstgeschwindigkeit von 250 km/h wird er elektronisch abgeregelt. Der neue Motor ist nicht nur in allen Varianten leistungsstärker als der Alte (207 PS), er verbraucht auch weniger. In allen drei Leistungsstufen liegt der Verbrauch des 3-Liter-V6-Diesel auf gleichem Niveau: 9,5 Liter Dieselkraftstoff konsumieren sie je 100 km im Stadtverkehr, 5,5 Liter außerorts und 6,8 Liter im gemischten Verbrauch nach EU-Norm (alles Herstellerangaben, ermittelt unter Idealbedingungen auf dem Rollenprüfstand). Der Motor verfügt serienmäßig über einen Dieselpartikelfilter und erfüllt bereits die Abgasnorm EU5. Der CO2-Ausstoß beträgt 179 g pro km.
Der Hecktriebler glänzt mit einem tadellosen Geradeauslauf. Seine direkte Lenkung verführt dazu, das gelassene Gleiten zugunsten einer sportlicheren Gangart zu vernachlässigen. Der dynamische, fast sportlicher Charakter erstaunt nicht, bei einer Abstammung vom XK. Dabei ist der Jaguar sehr problemlos im Handling: Sicher und weitgehend spurtreu meistert er auch flott gefahrene Kurven. Ein leichtes Untersteuern – untypisch für einen Hecktriebler – kündigt das Annähern an den Grenzbereich an. Die Abstimmung des Fahrwerks ist eine gelungene Balance zwischen Komfort und Agilität.
Serienmäßig steht die Basisversion des Dieselmotors auf 18-Zoll-Rädern mit 245/45er Reifen. Lediglich der V6-Benziner als (preisliches) Einstiegsmodell in die Baureihe steht noch auf 17-Zöllern, die Top-Modelle stehen sogar auf 20-Zoll-Rädern. Groß dimensionierte innenbelüftete Scheibenbremsen rundum sorgen für exzellente Verzögerung. Die Parkbremse arbeitet elektrisch.
Der Insassensicherheit dienen eine hochfeste Karosserie mit stabiler Sicherheitsfahrgastzelle, Kopfstützen und Drei-Punkt-Gurte auf allen Plätzen, aktive Kopfstützen sowie Front- und Seitenairbags vorne, Windowbags vorne und hinten und Isofix-Kindersitzvorrüstungen hinten. Einen Crashtest nach EuroNCAP hat der Jaguar XF bislang nicht absolviert. An Fahrassistenzsystemen verfügt der Jaguar serienmäßig über ABS mit Elektronischer Bremskraftverteilung EBD, Bremsassistent EBA, Traktionskontrolle, die zweistufige dynamische Stabilitätskontrolle DSC (heißt woanders ESP) sowie die Kurvenbremskontrolle CBC. Dazu kommt eine so genannte „Understeer Control Logic“ zum Einsatz, die die für einen Hecktriebler typische Tendenz zum Untersteuern wirkungsvoll unterdrückt. Optional gibt es ein Totwinkel-Warnsystem. Serienmäßig an Bord ist bei der Einstiegsversion ein Reifen-Reparatur-Set, ein vollwertiges Reserverad kostet extra.
Ab 44.900 Euro steht der XF in den Preislisten der Händler – mit 3-Liter-V6-Benzinmotor in der Luxury-Ausstattung. Der V6-Diesel S ist ab 55.100 Euro zu haben – ebenfalls in Luxury-Ausstattung. Gegen Aufpreis gibt es unter anderem verschiedene Metallic-Lackierungen, das Smart Key System, Bi-Xenon-Scheinwerfer, ein Parkhilfe-Paket sowie ein Navigationssystem.
Jaguar gibt eine dreijährige Neuwagengarantie, drei Jahre auf den Lack, sechs Jahre auf die Karosserie gegen Durchrostung und eine dreijährige europaweite Mobilitätsgarantie. Gegen Aufpreis gibt es eine Neuwagenanschlussgarantie sowie ein „Premium Plus Service“-Paket für Inspektionskosten. Die Serviceintervalle berechnet der Bordcomputer in Abhängigkeit von Fahrstil und Einsatzbedingungen. Dies Laufzeiten bis zur nächsten Inspektion können bis zu 26.000 km oder einmal jährlich betragen. Die Versicherungen stufen das Modell in die Typklassen 22 / 29 / 24 (KH / VK / TK) ein.
© Februar 2010
Petra Grünendahl, Fotos: Jaguar
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