Fahrbericht.
Ford Focus III ST
Ausgewogener Hochleistungssportler – mit Suchtpotenzial
Von Petra Grünendahl
Breitbeinig und markant gestaltet ist der Ford Focus ST schon ein Hingucker. Das „ST Styling“-Paket, dass den Sportler serienmäßig auszeichnet, umfasst u. a. einen Kühlergrill im „ST“-Design mit weit runter gezogener Frontschürze, Seitenschweller, Heckdiffusor und ein mittig platziertes Doppel-Auspuffendrohr. Optisch macht er damit einen sportlichen Eindruck, den es bei einer Ausfahrt zu bestätigen galt.
Schon 2010 präsentierte Ford auf der Detroit Motor Show den Focus der dritten Generation. Der Focus ST läuft in Saarlouis seit Sommer 2012 vom Band. Im Gegensatz zur zweiten Modellgeneration ist der Focus ST in Europa auch als Turnier erhältlich. Wir fuhren die fünftürige Fließheck-Variante, die weltweit (auf allen Kontinenten und in mehr als 40 Ländern) zu haben ist.
Guten Zugang zum Innenraum bieten bei diesem kompakten Sportwagen fünf Türen. Die Übersicht hält sich – wie heutzutage üblich – in bescheidenen Grenzen, das optionale Park-Pilot-System verbessert sie allerdings nach hinten ungemein. Dieses ist allerdings nicht mit dem Basis-ST verfügbar, sondern nur in den Varianten mit Leder-Sport- bzw. Leder-Exklusiv-Paket. Die Recaro-Sportsitze vorne sind maßgeschneidert und bieten hervorragenden Seitenhalt. Das Platzangebot ist in beiden Sitzreihen angenehm, auch wenn es zu Dritt auf der Rückbank schon kuscheliger wird. Rückbank und Lehne sind serienmäßig asymmetrisch geteilt umklappbar. Der Kofferraum fasst zwischen 316 und 363 Litern – je nachdem, ob ein optionales Reserverad mit an Bord ist oder lediglich das serienmäßige Reifen-Reparatur-Set. Die Erweiterungsmöglichkeiten liegen entsprechen bis hinter die Vordersitze zwischen bis zu 1.101 Litern (mit Reserverad) und 1.146 Litern. Auch im Innenraum wird die sportliche Linie fortgeführt: Lederlenkrad und Lederschaltknauf im „ST“-Design, „ST“-Pedalerie, Einstiegsleisten im „ST“-Design sowie zusätzliche Instrumentenanzeigen, um hier nur ein paar Dinge zu benennen. Materialqualität und Verarbeitung sind ebenso wenig zu beanstanden wie die Übersichtlichkeit von Schaltern und Anzeigen.
Der Ford Focus ST ist das sportliche Spitzenmodell der Kompaktklasse-Baureihe und verfügt ab Werk in der Basisversion über eine funkfernbediente Zentralverriegelung (mit Power-Startfunktion für schlüsselfreies Starten und Kofferraum-Fernentriegelung), elektrisch einstellbare und beheizbare Außenspiegel, elektrische Fensterheber rundum, Nebelscheinwerfer, Regensensor, Scheinwerfer-Assistent mit Tag-/Nacht-Sensor, Bordcomputer, manuelle Klimaanlage, automatisch abblendender Innenspiegel, Recaro-Sportsitze vorn, ein CD-Audiosystem (mp3-fähig, mit USB-Schnittstelle), 18-Zoll-Leichtmetallräder und eine Alarmanlage mit Innenraumüberwachung. Im Gegensatz zu den normalen Focus-Modellen kosten beim ST Aschenbecher und Zigarettenanzünder wieder extra. Aufpreis kosten außerdem das Sport-Leder-Paket mit Zwei-Zonen-Klimaautomatik und Leder-Stoff-Polsterung, welches wiederum unabdingbar für mögliche weitere Sonderausstattung wie zum Beispiel das ST-Komfort-Paket (schlüsselloser Zugang dank KeyFree-System, elektrisch anklappbare Außenspiegel und ein Park-Pilot-System hinten) oder Bi-Xenon-Scheinwerfer ist. Das Winter-Paket I (beheizbare Frontscheibe sowie individuell und variabel beheizbare Vordersitze) und das Fahrer-Assistenz-Paket II (mit zusätzlichen Sicherheitsfeatures) stehen ebenso ab dem Basis-ST zur Verfügung wie Privacy Glass (abgedunkelte Scheiben) hinten.
Früher stammten die Top-Benzin-Motoren der Baureihe für die ST- und RS-Modelle von Tochter Volvo (die Turbo-Fünfzylinder). Seit der Trennung vom schwedischen Hersteller ist jetzt die Eigenentwicklung gefragt. Zum Einsatz kommt im ST der von Ford entwickelte 2-Liter-Ecoboost-Benziner mit Turboaufladung und Benzindirekteinspritzung. Dafür ist der „neue ST“ trotz weniger Hubraum (Volvos Fünfzylinder verfügte über 2,5 Liter Brennraum) der leistungsstärkste ST, den es je gab – und dabei auch dank Benzindirekteinspritzung doch sparsamer als man annehmen sollte. Der geladene Reihen-Vierzylinder leistet 250 PS. Das maximale Drehmoment von 360 Nm liegt über das relevante Drehzahlband zwischen 2.000 und 4.500 U/min. an. Der Motor hängt gut am Gas und dreht freudig hoch: Den kräftigen Tritt aufs Gaspedal quittiert er mit einem sonoren Fauchen, das leicht süchtig machen kann. Schon der leichte Tritt aufs Gas lässt den kompakten Sportler durchstarten. Er bietet Durchzug satt und eine Leistungsentfaltung, die einen in höheren Sphären schweben lässt. Dabei läuft der Motor ruhig und vibrationsarm. Knurren tut er nur auf entsprechenden Gaspedal-Befehl. Knackig kurze und präzise Schaltwege kennzeichnen das manuelle Sechsgang-Schaltgetriebe. Die Getriebeübersetzung ist gerade in den unteren Gänge besonders lang (für mehr Kraftstoffökonomie), hat aber hier für einen spritzigen Start reichlich Reserven. Die oberen Gänge sind eher kurz ausgelegt, um bei flottem Tempo leicht noch einen drauf legen zu können.
Für den Sprint aus dem Stand auf Tempo 100 braucht er nur Sportwagen-verdächtige 6,5 Sekunden. Seine Höchstgeschwindigkeit erreicht er bei 248 km/h. Solche Leistungen bringt natürlich kein Sparfuchs. Dennoch ist sein Verbrauch vergleichweise bescheiden: 9,9 Liter Super Plus konsumiert er je 100 km im Stadtverkehr, 5,6 Liter sind es außerorts und 7,2 Liter im gemischten Verbrauch nach EU-Norm (alles Herstellerangaben, ermittelt unter Idealbedingungen auf dem Rollenprüfstand). Der Motor erfüllt die Abgasnorm EU5, der CO2-Ausstoß beträgt 169 g pro km. In der Relation von Größe/Gewicht zum Verbrauch reicht das für die Effizienzklasse E. Ein Hintergrundpapier zur Pkw-Verbrauchskennzeichnung finden Sie im Internet unter: Faktenpapier Effizienzlabel.
Der Fronttriebler ist von Natur aus ein gelassener, leicht beherrschbarer Geselle, solange man die reichlich Pferde unter der Motorhaube nicht durchgehen lässt. Eine direkt ausgelegte Lenkung gibt gute Rückmeldung vom Untergrund. Das straffe Sportfahrwerk sorgt für eine satte Straßenlage und wenig Seitenneigung bei flotter Kurvenhatz. Auch die Tendenz zum Untersteuern hält sich in überschaubaren Grenzen, mit einem leichte Lupfen des Gaspedal ist der gefühlvolle Fahrer schnell auf der alten Linie zurück. Die kürzeren Federn mit härterer Feder-Dämpfer-Kennlinie lässt einen ordentlichen, ausgewogenen Fahrkomfort zu. Der Focus ST steht auf 18-Zoll-Rädern mit Breitreifen im Format 235/40. Er verfügt über Scheibenbremsen rundum, allerdings trotz der enormen Kraft unter der Motorhaube nur vorne innenbelüftet sind.
Die computeroptimierte hochstabile Karosserie mit Sicherheitsfahrgastzelle, Karosserieverstärkungen, Lastpfaden und Aufprallenergie absorbierenden Knautschzonen gibt den Insassen passiven Schutz. Im Innenraum unterstützen die Sicherheit Drei-Punkt-Gurte auf allen Plätzen, vier Kopfstützen, Front- und Seitenairbags vorne, Knieairbag für den Fahrer sowie Kopf-Schulterairbags vorne und hinten (Intelligent Protection System IPS), Sicherheitspedalerie und Sicherheitslenksäule sowie zwei Isofix-Kindersitzhalterungen hinten. Im EuroNCAP nach den neuen Bewertungsnormen (seit 2009) erreichte der Focus III das Maximum von fünf Sternen für seine Sicherheit. Das neue System berücksichtigt neben Insassen- und Kindersicherheit sowie Fußgängerschutz auch die serienmäßige Sicherheitsausstattung des Fahrzeugs mit Fahrassistenzsystemen. Serienmäßig verfügt der Focus ST über ABS mit Elektronischer Bremskraftverteilung EBD und Sicherheits-Bremsassistenten EBA sowie ESP mit Traktionskontrolle TCS und ST-optimiertem Torque Vectoring Control eTVC und über einen Berganfahr-Assistenten. Gegen Aufpreis (in Ausstattungspaketen) gibt es das Notbremssystem Active City Stop, einen Toter-Winkel-Assistenten, einen Fahrspur-Assistenten mit Müdigkeitswarner sowie ein System zur Verkehrsschilderkennung. Serienmäßig an Bord ist neben einer Reifendruckkontrolle (notwendig zur Montage von Reifen mit Notlaufeigenschaften) auch eine Diebstahl-Alarmanlage mit Innenraumüberwachung.
Ab 16.450 Euro steht der Ford Focus in seiner Einstiegsvariante in den Preislisten der Händler, mit einem konventionellen 1,6-Liter-Benzinmotor, 85 PS in Basisausstattung. Die sportliche Speerspitze Focus ST ist zu Preisen ab 27.950 Euro zu haben. Extra kosten ein Leder-Sport-Paket mit Leder-Stoff-Polstern und Zwei-Zonen-Klimaautomatik oder ein Leder-Exklusiv-Paket u. a. mit Lederpolstern, Zwei-Zonen-Klimaautomatik, Recaro-Rücksitzbank mit drei Sitzplätzen, individuell beheizbaren Vordersitzen und Bi-Xenon-Scheinwerfern sowie diverse Komfortpakete oder Einzelfeatures und alle „Sonderlackierungen“ jenseits von Frost-Weiß.
Ford gibt eine zweijährige Neuwagengarantie inkl. der Ford Assistance Mobilitätsgarantie, die sich beim Einhalten der Wartungsintervalle verlängert (ein Autoleben lang), sowie 12 Jahre auf die Karosserie gegen Durchrostung. Als optionalen Garantie-Schutzbrief kann man die Garantien bis zum 5. Jahr bzw. 100.000 km erweitern. Zu einer Sicherheitskontrolle und zum Ölwechsel muss der Focus alle 20.000 km oder einmal im Jahr, zur Inspektion alle 40.000 km oder alle zwei Jahre. Zum Check des Korrosionsschutzes muss der Focus bis zum sechsten Jahr alle zwei Jahre, danach jährlich. Die Versicherungen stufen das Modell in die Typklassen 15 / 22 / 24 (KH / VK / TK) ein.
Der Ford Focus kam in erster Generation 1998 auf den deutschen Markt. Eine zweite Generation folgte dem Bestseller. In der zweiten Generation hatte Ford erstmals Angebote der sportlichen Art gemacht: mit einem „ST“ und später auch einem „RS“. Schon 2010 präsentierte Ford auf der Detroit Motor Show den Focus der dritten Generation. Auch dieser ist wieder als Top-Sportler verfügbar: Der Focus ST läuft in Saarlouis seit Sommer 2012 vom Band. Im Gegensatz zur zweiten Modellgeneration ist der Focus ST in Europa auch als Turnier erhältlich. Das Basis-Modell, die fünftürige Fließheck-Variante, ist weltweit (auf allen Kontinenten und in mehr als 40 Ländern) zu haben.
© November 2013 Petra Grünendahl, Fotos: Ford