Tuning – was ist das?
Inzwischen ist »Tuning« für die sportliche Veränderung eines Fahrzeugs in optischer wie technischer Hinsicht ein stehender Begriff. Unsere Väter sprachen noch vom »frisieren«, was man in punkto technischer Veränderung heute allenfalls noch mit Kleinkrafträdern in Verbindung bringt. Doch Tuning ist im Wortsinne viel mehr. Wörtlich könnte man diesen englischen Begriff mit »aufeinander abstimmen« übersetzen.
Das ist gerade beim Automobiltuning durchaus wörtlich zunehmen. Auch dort sollten die einzelnen Komponenten aufeinander abgestimmt sein. Ein leistungsgesteigertes Triebwerk verlangt naheliegender weise nach einem entsprechend modifizierten Fahrwerk, um die größere Leistung auch in Grenzsituationen noch souverän beherrschen zu können. Dazu gehören dann breitere Reifen auf optisch ansprechenden Felgen – was wiederum häufig gewisse Modifikationen an der Karosserie notwendig macht. Da müssen zum Beispiel Radläufe umgebördelt oder verbreitert werden, damit die neuen Räder auch ins Gehäuse passen.
Als ein gewisser Karl Meier zu Beginn der fünfziger Jahre ein »Tiefensteuer« – den Begriff Frontspoiler kannte damals niemand – für den VW Käfer erfand, konnte niemand ahnen – auch nicht der Gründer der Firma KaMei selbst –, welchen Aufschwung die Autozubehör- und spätere Tuningbranche einmal nehmen würde.
Viele Komponenten, die heute beim Tuning für Privatanwender gang und gäbe sind, wurden ursprünglich für den Einsatz bei Rallye- und Rennfahrzeugen entwickelt. Das geht von Spoilersätzen über Sportfahrwerke und Auspuffanlagen bis hin zu leistungssteigernden Elementen im Motor- und Antriebsbereich. Dabei waren es oftmals kreative Privatfahrer, die ihre eigenen Wettbewerbsfahrzeuge mit selbst entwickelten Komponenten aufrüsteten. Diese wurden dann auf Grund großer Nachfrage in Serie produziert. So wurden die technisch versierten Rennpiloten zum Teil durch äußere Umstände zu Tunern. Das führte so weit, dass von Tunern initiierte Neuentwicklungen selbst von Fahrzeugherstellern aufgegriffen und in die Serie integriert wurden. Schon die Entwicklung des Ur-GTI, mit dem aus dem braven Käfer-Nachfolger ein »Golf im Schafspelz« wurde, ging auf die Anregung des Rallyefahrers Helmut Adler zurück. Und auch der erste 16-Ventil-Kopf für einen Golf, der aus dem Golf GTI den legendären GTI 16V machte, wurde nicht etwa von VW, sondern von Oettinger im hessischen Friedrichsdorf entwickelt. Dort schöpfte er in der »Straßenversion« aus 1,6 Litern Hubraum eine Maximalleistung von 136 PS, als 1,8 Liter 142 PS. Rennversionen brachten es auf mehr als 200 PS Spitzenleistung.
Aber die Leistung allein ist bei Fahrern, die ihr Fahrzeug tunen, längst nicht immer der Hauptaspekt. Gerade bei Multi-Million-Sellern wie dem Golf oder in den frühen Jahren des Automobiltuning dem Käfer geht es auch (und oftmals in erster Linie) um Individualität. »Wir haben eine Vielfalt der Typen bei einer Einfalt der Formen«, schrieb der renommierte Motorjournalist Fritz B. Busch schon vor Jahren. Daran hat sich bis heute nichts geändert. Deshalb dient Tuning am eigenen Fahrzeug nicht zuletzt auch dem Zweck, sich von der Masse abzuheben. Welche Möglichkeiten es dazu gerade bei den aktuellen VW-Typen gibt, darin möchte dieses Buch einen Einblick vermitteln.
© 2000 Michael Grote, Petra Grünendahl